Alpen-Radtour 2016

 

Start der Tour ist Augsburg, weiter geht es über Füssen, den Fernpass hoch, nach Heiterwang. Anschließend weiter über den Reschenpass nach Nauders. Von da nach Males, weiter durch das Münstertal nach Tschierv. Mit dem Bus den Ofenpass hoch, mit dem Rad den Pass runter bis Zernez. Von da mit der Bahn nach Landquart und dann den Rhein lang bis zum Bodensee und weiter bis nach Neuhausen ob Eck

 

607 Kilometer

5500 Höhenmeter

 

04.08.2016

 

Da ich heute mit dem Zug von Tuttlingen nach Augsburg fahren möchte, meinem Ausgangspunkt der Alpen-Tour, bin ich gestern bereits mit dem Auto zu meinem Bruder Bernd und meiner Schwägerin Maria nach Neuhausen ob Eck gefahren. Bernd bringt mich dann mit meinem Auto zum Bahnhof und fährt von da aus zur Arbeit in Tuttlingen.

Der Wecker klingelt um 6.45 Uhr. Ich bin relativ schnell wach, putze mir die Zähne und gehe hoch in die Küche (das Zimmer in dem ich schlafe ist im Keller). Im Flur rieche ich schon den frisch aufgebrühten Kaffee. Bernd, der Frühaufsteher, ist schon seit einer Stunde wach und liest die Zeitung. Ich gieße mir einen Kaffee ein und setze mich. Wir reden beide nicht viel. Ein kurzes "Guten Morgen" und das war´s. Die Fahrkarte für mich und das Rad habe ich bereits zu Hause im Internet gekauft und ausgedruckt. So reicht es, wenn wir so losfahren, dass wir um 7.30 Uhr am Bahnhof sind, da mein Zug um 7.50 Uhr fährt und um 11.28 Uhr in Augsburg ankommt. Um kurz nach sieben starten wir und sind pünktlich um 7.30 Uhr am Bahnhof. Ich befestige meine Radtaschen vorne, hinten und auf dem Gepäckträger, verabschiede mich von Bernd und gehe ins Bahnhofsgebäude. Nach ein paar Minuten kommt eine ältere Frau mit einem gepackten Rad ins Gebäude und auf der anderen Seite in Richtung der Gleise wieder raus. Ich mache mich dann auch so langsam auf den Weg zu meinem Gleis. Um dort hin zu kommen, muss ich den Fahrstuhl benutzen. Da steht schon die Frau und flucht leise vor sich hin. "Der Fahrstuhl ist defekt", sagt sie zu mir. "So ein Mist", sage ich und wir gehen beide zur Treppe. Da ich zu faul bin, die Taschen vom Rad zu nehmen, gehe ich langsam mit dem Rad die Treppen runter. Gott sei Dank funktioniert der Fahrstuhl an unserem Gleis und ich muss das Rad nicht die Treppen hoch wuchten. Der Zug kommt erstaunlicherweise pünktlich. Im Zug komme ich mit der Frau ins Gespräch. Sie fährt auch bis Augsburg und wird dort von einer Freundin abgeholt. Dann wollen sie mit dem Auto bis nach Reute und von da aus mit dem Rad weiter. Wir erzählen uns gegenseitig von unseren bereits gefahrenen Touren. Die Zeit vergeht wie im Flug und ruck zuck sind wir in Augsburg. Vor dem Bahnhof verabschieden wir uns und wünschen uns weiterhin gute Touren. 

Nun muss ich nur noch mein Hotel suchen, das ich vorab gebucht habe. Stadthotel Augsburg. Ich gebe die Adresse bei Google Maps in mein Handy ein und finde das Hotel recht schnell. Um 12.00 Uhr bin ich bereits auf meinem Zimmer. Ich mache bis 14.00 Uhr eine kleine Mittagspause und gehe dann in die Stadt.

Stadthotel Augsburg

Das Zentrum ist gut in 15 Minuten zu erreichen. Ich gehe zum Info-Punkt und besorge mir einen Stadtplan. Dann schlendere ich ziellos durch Augsburg und mache ein paar Fotos. Auf dem Marktplatz setzte ich mich in ein Bistro und bestelle etwas zu essen und zu trinken. Während ich auf die Sachen warte, fällt mir ein komischer Typ ins Auge. Er steht mit nacktem Oberkörper da und hat die Hose so weit unten, dass man fast sein Ar...... sehen kann. Nur gut das er die Unterhose höher gezogen hat. Mal steht er nur vor einem Geschäft rum und dann geht er wie ein stolzer Gockel davor hin und her. Es ist schon eklig, aber wie bei einem Unfall. Mann guckt immer mal wieder hin. Ich schaue in meinen Stadtplan und gucke, wo die Augsburger Puppenkiste ist. Gar nicht so weit weg und so gehe ich nach dem Essen dorthin. 

Marktplatz Augsburg

Nach etwas suchen finde ich die Augsburger Puppenkiste. Es ist ein total unscheinbares Haus. Und der Weg dorthin ist sehr schlecht beschildert. Das sagt mir auch der Mann an der Kasse des Museums.

Augsburger Puppenkist

05.08.2016

Von Augsburg nach Landsberg

 

Gestern Abend hat es schon angefangen zu regnen und jetzt gießt es immer noch. Na toll, das fängt ja gut an. Mein heutiges Ziel ist Landsberg am Lech. Ich frühstücke, packe meine Sachen zusammen und bezahle. Die Dame an der Rezeption bietet mir, an noch eine Nacht zu bleiben, aber ich lehne ab. Um 10 Uhr geht's in den Sattel. Ich habe alles an, was ich an Regenschutz habe. Überzieher für die Schuhe, Regenhose und Regenjacke. Die Schuhe sind trotz Überzieher nach 15 Minuten durch. Aus Augsburg rauszufinden ist gar nicht so einfach. Die Beschilderung ist echt bescheiden. Immer wieder verfahre ich mich. Der Regen prasselt unaufhörlich auf mich nieder. Dann sehe ich ein Schild Via Claudia Augusta. Oranger Hintergrund und schwarze Schrift. Ich fahre in die Richtung, die mir das Schild vorgibt. Leider achte ich nur noch auf den Schriftzug Via Claudia Augusta und nicht auf die Hintergrundfarbe. Das sich die in blau geändert hat, merke ich nicht.

Dieser Radweg führt von Günzburg an der Donau über Augsburg nach Salzburg. Ich fahre die ganze Zeit am Lech entlang, was erst mal nicht so verkehrt ist. Erst als ich die Orte, die auf meiner Karte angegeben sind, nicht durchfahre, werde ich stutzig. Ich schaue auf meine Karte und merke, dass ich gar nicht direkt am Lech lang fahren muss. Die Richtung stimmt aber. Das beruhigt mich. Dann, sehe ich ein Schild: nach Königsbrunn noch 4,3 km. Da muss ich laut meiner Karte hin. An der nächsten Kreuzung steht Königsbrunn 10,5 km. "So eine Scheiße", denke ich und fahre weiter. Dann endlich ein Schild Landsberg 25 km. "Super, in zwei Stunden habe ich es geschafft", sage ich zu mir. Der Weg geht von einer Teerstraße in einen Schotterweg über und dann in einen mit sehr hohem Gras. Ich fluche wie ein Rohrspatz und schiebe mein Rad durch das hohe Gras. An fahren ist gar nicht zu denken. Dann komme ich wieder auf einen Schotterweg und lande in einer kleinen Ortschaft. Da mache ich an einem Freibad, das natürlich bei diesem Regen geschlossen hat, eine Pause.Frisch gestärkt mit Müsliriegel und Datteln fahre ich weiter. Den Regen merke ich schon gar nicht mehr. Dann erneut ein Schild. Landsberg 20 km. Dann eins mit 16 km. Plötzlich stehe ich vor einer Schranke, die zu einem Hof gehört. Ich mache sie auf, fahre durch und schließe sie wieder. Ich drehe eine Runde auf dem Hof und merke, dass es hier nicht weiter geht. Also wieder zurück. Um 14 Uhr erreiche ich endlich Landsberg. Mittlerweile hat der Regen etwas nachgelassen. Auf dem Marktplatz sehe ich gleich den Gasthof Mohren. Ich stelle mein Rad ab und gehe so triefend nass wie ich bin in die Gaststube. Sofort zieht mir der Geruch von Schweinebraten und Knödeln in die Nase. Sollte ich hier ein Zimmer bekommen, weiß ich schon was ich heute esse. Ich frage am Tresen nach einem Einzelzimmer für eine Nacht und bekomme eins. Ich zahle € 45,00 für das Zimmer. Im Zimmer hänge ich meine nassen Sachen zum Trocknen auf. Alles, was in den Radtaschen ist, ist trocken. Anschließend dusche ich und mache einen Mittagsschlaf. Danach mache ich einen Spaziergang durch Landsberg. Es ist eine echt schöne Stadt. Schade für den Bayern Ulli, dass er sie nicht genießen konnte. Gegen 18.00 Uhr gehe ich in die Gaststube und setzte mich an einen Tisch, an dem schon ein Pärchen in meinem Alter sitzt. Ich bestelle meinen Schweinebraten und schreibe nebenbei mein Tagebuch. Die Frau spricht mich an ob ich Tourist sei oder auf Geschäftsreise. Ich erzähle beiden, was ich vor habe und so quatschen wir die ganze Zeit über Fahrradtouren, Motorradtouren, Segeln und vieles anderes. Dann bezahle ich und gehe noch einmal kurz auf mein Zimmer, um mein Handy zu holen. Da merke ich, dass es sich nicht mehr aufladen lässt. Da heute und morgen hier ein Stadtfest ist und die Geschäfte bis 20 Uhr aufhaben, suche ich einen Telefonladen. Gerade die haben nicht länger auf. Dann muss ich das eben morgen erledigen. Ich gehe zurück auf mein Zimmer und schaue noch etwas Fernsehen.

Heute bin ich 59 km gefahren.

Gasthof Mohren

Film ab

06.08.2016

Von Landsberg nach Roßhaupten

 

Um 8.30 Uhr stehe ich auf und um 9 Uhr verlasse ich das Hotel. Frühstück gibt es leider nicht und so muss ich beim Bäcker nebenan frühstücken. Zuerst gehe ich aber zum Handy-Doc, den ich gestern Abend noch entdeckt habe. Der hat noch nicht auf und es stehen auch keine Geschäftszeiten dran. Somit ab zu O2. Hier erkläre ich dem guten Mann mein Problem. "Nein, reparieren können wir das nicht", sagt er. "Dann brauche ich ein günstiges neues Handy", erwidere ich. "Wie ist denn ihre Kundennummer?", fragt er. "Ich bin kein Kunde bei ihnen", sage ich. "Dann darf ich ihnen kein Handy verkaufen, nur wenn sie Kunde bei uns sind", sagt er. Das habe ich noch nie gehört. Ok, wenn es so ist, dann muss ich das akzeptieren. Da ich annehme, dass der Handy-Doc erst um 10 Uhr aufmacht, gehe ich zum Bäcker, hole mir eine Tasse Kaffee und zwei Butterbrezel und setzte mich vor das Cafe an einen Tisch. Ein Mann spricht mich an: "Sie sind aber auch schon länger unterwegs oder?" , fragt er. "Nö, erst seit gestern und das im strömenden Regen", sage ich. Wir wechseln noch ein paar Worte und dann geht er weiter

 

 

Tor zur Altstadt von Landsberg

Um 10 Uhr gehe ich zum Doc, aber der braucht zwei Tage für die Reparatur. Dann muss ich halt unterwegs nach einem Laden Ausschau halten. Ein paar Minuten später, noch in Landsberg, frage ich einen jungen Ausländer der an seinem Handy rumdaddelt, wo hier noch ein Handyladen ist. Wenn er es nicht weiß, wer sonst. "Gerade aus weiter und dann auf der rechten Seite", erklärt er mir. Leider hat der Laden auch zu. Hier ist der Weg sehr gut beschildert und ich komme gut voran. In Schongau sehe ich aus dem Augenwinkel einen EXPERT. Ich drehe um und steuere ihn an. Hier kaufe ich mir ein neues Handy und fühle mich gleich besser.

 

 

 

In Roßhaupten frage ich an einem Gasthof, ob sie noch ein Zimmer frei haben. Völlig unfreundlich verneint die Bedienung. Ich suche weiter. Nichts zu finden, nirgends ein Schild Zimmer zu vermieten. Ich gebe nicht auf und fahre zwei weitere Gasthäuser an. Der eine hat nichts frei und der andere hat geschlossen. Zuletzt fahre ich zum Hotel Kaufmann. Da gucken zwei Mädels gespannt auf den Bildschirm, um mir dann zu sagen, dass sie nichts mehr frei haben. "Dann muss ich wohl zelten", sage ich. "Ja, gleich da unten am See ist ein Zeltplatz", erwidert eine von den beiden. Ich mache mich also auf den Weg und nach fünf Minuten bin ich da. Zeltplatz Tiefental am Forggensee. Ich bekomme noch einen Platz. Vorher muss ich aber etwas essen, sonst breche ich zusammen. Ich bestelle zwei Wiener mit Kartoffelsalat. Schmeckt richtig gut. Anschließend suche ich meinen Platz und baue mein Zelt auf. Kaputt wie ich bin lege ich mich gleich rein. Ich höre wie einige Kinder neben meinem Zelt spielen. Es ist noch nicht spät, aber ich habe keine Lust mehr auf zu stehen und etwas zu laufen. An schlafen ist auch nicht zu denken. Von der anderen Seite des Sees dröhnt die ganze Nacht laute Musik zum Campingplatz rüber. Irgendwann muss ich dann aber doch eingeschlafen sein.

Heute bin ich 75 km gefahren

Film ab

07.08.2016

Von Roßhaupten nach Heiterwang

 

Ich bin schon recht früh wach und draußen ist schon etwas Betrieb. Um 8 Uhr schäle ich mich aus meinem Schlafsack und meinem Zelt. In der Nach hat es einmal kurz und heftig geregnet und so ist das Zelt ziemlich nass. Auf dem Weg zum Waschraum, kommen mir schon einige Leute mit Brötchentüten entgegen. Da ich keinen Kocher oder ähnliches mit habe, hoffe ich, dass ich im Restaurant von gestern Nachmittag ein Frühstück bekomme. Wieder am Zelt packe ich alles ein. Das Zelt natürlich nass, dass ist blöd, aber nicht zu ändern. Nachdem ich alle Taschen am Rad hängen habe, gehe ich Fahrrad schiebend über den Platz zum Ausgang. Dort gibt es nur Brötchen wenn man sie vor bestellt hat und im Restaurant gibt es auch kein Frühstück. Somit schwinge ich mich um 9 Uhr auf mein Rad und fahre am Forgensee entlang Richtung Füssen. In Rieden sehe ich ein Schild auf dem "Radler Tankstelle" steht. Ich biege ab und fahre auf das Haus Sonnenlage zu. Ich suche mir auf der Terrasse einen Platz und bestelle ein kleines Frühstück. Das Omelett ist ein Gedicht. Dazu frisches Brot, Wurst, Käse, Marmelade und ein Kaffee, ich bin rundum glücklich.

Frisch gestärkt geht es weiter. Kurz vor Füssen fängt mein Tretlager leicht an zu knacken. Aus dem selben Grund habe ich vor drei Wochen ein neues einbauen lassen. Hoffentlich wird es nicht schlimmer. Ich überlege, eine Fahrradwerkstatt zu suchen, verwerfe den Plan aber gleich wieder. Dann komme ich in Füssen an. Es ist wunderschön hier. Ich schlendere mit dem Rad durch die Straßen und bewundere die schönen Häuser und mache ein paar Fotos. Später setzte ich mich am Marktplatz vor eine Eisdiele und trinke ein Spezi. 

Füssen

Nachdem die Bedienung noch meine Wasserflasche mit Leitungswasser aufgefüllt hat, fahre ich weiter. Aber nicht lange. Am Lechfall halte ich wieder an. Wie ich so am Geländer stehe, merke ich dass ich weiche Knie bekomme. Es geht steil runter. Höhenangst eben und somit gehe ich auch nicht auf die Brücke. Ich setzte mich lieber auf mein Rad und überquere die Grenze nach Östereich.

Lechfall

Kurze Zeit später, mache ich wieder eine Pause. Irgendwie habe ich es heute nicht so eilig. Eine ältere Frau mit einem E-Bike hält neben mir und meint: "Na, wo wollen sie denn hin?" "Heute noch bis Heiterwang", sage ich. "Und wo kommen sie her?" "Von Roßhaupten, aber gestartet bin ich am Samstag in Augsburg", sage ich. "Ah, ok, aber Sie kommen nicht aus Augsburg?", fragt sie. "Nein, aus Osnabrück," erwidere ich. "Da komm ich auch her," meint sie. "Aber ich wohne schon seit 20 Jahren in Landsberg." "Dann kennen sie ja auch Melle?" frage ich sie. "Ja, klar, kenn ich," meint sie. Sie macht auch eine kleine Tour. Wir wünschen uns gegenseitig gute Fahrt und dann fährt sie weiter. Kurz nach der Pause biege ich falsch ab und fahre nicht auf der vorgegebenen Route weiter. Ich fahre über Musau, Saba und Brandstatt, bevor ich in Wiesbichel wieder auf die richtige Route komme. Das ganze war aber nicht so schlimm, da ich mir dadurch ein heftige Steigung erspart habe Reute ist jetzt nicht gerade ein schöner Ort und ich fahre durch, bis ich ein Schild sehe, auf dem ein Fahrrad abgebildet ist und neben dem Rad steht Fernpass. Ich fahre dem Schild nach und sehe einen Schotterweg, der sehr steil hoch geht. "Leck mich am Arsch, jetzt geht's los," denke ich. Ich steige ab und befestige die Video-Camera am Fahrrad, steige wieder auf und fahre los. Nach nicht einmal 20 Meter halte ich wieder an. Es ist unmöglich hier hoch zu fahren. Schotterweg und bestimmt 12% Steigung. Also mache ich das, was ich eigentlich nicht wollte. Schieben. Nach 100 Meter muss ich wieder eine Pause machen. Ich schnaufe wie eine Dampflock und die Arme sind schlapp. Nach den nächsten 100 Metern das gleiche. So geht das drei- oder viermal, bis es etwas flacher wird. Ich stelle das Rad ab und atme etwas schwer. Nach kurzer Zeit geht es wieder und ich fahre weiter. Aber nicht lange und es geht abermals aus dem Sattel. Zwei Mountenbiker fahren an mir vorbei. Allerdings ohne Gepäck. Nach gut 50 Metern versuche ich es noch mal. Es ist anstrengend, aber ich schaffe es bis kurz vor dem Parkplatz der Ehrenberger Klause. Auf dem Parkplatz angekommen muss ich erst mal wieder zu Atem kommen. Dann sehe ich sie. Die highline 179. Die längste Hängebrücke der Welt. Sie ist 406 m lang und 114,6 m hoch. Etwas für ganz Mutige, aber nicht für mich.

Schade, dass es auf Fotos nie so steil aussieht, wie es in Wirklichkeit ist. Da bin ich hoch.

highline 179

Ich schwinge mich in den Sattel und bin froh, dass es nur noch bergab geht. Das tut es auch, aber nur für kurze Zeit. Dann geht eine Teerstraße mit 14% Steigung hoch. Fahren mit 18 kg Gepäck am Rad: unmöglich. Also wieder schieben. Es sind vielleicht 500 m, aber ich muss viermal anhalten, um zu verschnaufen. Der Wahnsinn. Dann habe ich es geschafft. Ich komme oben an. Leider habe ich keine Fotos gemacht. Aber auf dem Film könnt ihr alles sehen. Glücklich und beschwingt fahre ich weiter. Durch einen kleinen Wald, um die Kurve und vor mir ist die nächste Steigung. Wieder ist schieben angesagt, mit etlichen Pausen.

Blick auf Heiterwang

Dann habe ich es aber endlich geschafft und gucke auf Heiterwang runter, mein heutiges Ziel. Ich schreibe meinem Bruder über WhatsApp, dass ich in Heiterwang bin und den Fernpass geschafft habe. Er holt mich aber ganz schnell wieder runter und schreibt zurück: "Freu dich nicht zu früh, der Fernpass liegt hinter Heiterwang." Ich nehme es so hin und mache mich auf die Abfahrt nach Heiterwang, um mir eine Unterkunft zu suchen. Im ersten Hotel sagt mir ein älterer Mann: "Wir haben nichts mehr frei, nur noch einen Platz in der Sauna," und lacht. Ich fahre einmal durch den Ort und sehe ein Schild Zimmer frei. Ich bekomme ein Doppelzimmer in der Pension Alpengruß. Die Besitzer sind Holländer. Auf meine Frage, was denn einen Holländer nach Heiterwang zieht, erwarte ich die Antwort: "Die Liebe." Dem ist nicht so und er antwortet:" Die Berge." Kann ich verstehen, es ist wunderschön hier. Ich bringe meine Sachen auf's Zimmer, dusche und ruhe mich ein wenig aus. Um 18 Uhr gehe ich in den Forellenhof zum Essen. Und was isst man im Forellenhof? Richtig, Hirschgulasch mit Späzle. Es schmeckt richtig gut. Anschließend gehe ich noch zur Bank, weil ich das Zimmer nicht mit der Karte bezahlen kann. Somit mache ich noch einen Verdauungsspaziergang. Heute bin ich 41 km gefahren und einen Teil davon gelaufen.

Film ab

08.08.2016

Von Heiterwang nach Nassereith

 

Wie fast immer gehe ich auf 9 Uhr zum Frühstück. Gestern Abend habe ich überlegt, einen Abstecher zum Plansee zu machen. Eine Stunde hin und eine zurück. Da haben wir mal als Kinder mit unseren Eltern gezeltet. Habe den Plan dann aber verworfen, da der Fernpass ansteht und mir die zwei Stunden bestimmt hinterher fehlen werden. Um 9.45 Uhr starte ich. Wie jeden Morgen, muss ich erstmal meine Beine wieder auf Betriebstemperatur bringen In Bichelbach halte ich an einem Supermarkt. Dort kaufe ich eine Flasche Wasser und Tempos, (Meine Fahrrad fährt, die Nase läuft). Bis Lermoos geht es ganz gut voran. Immer wieder hoch und runter aber gut zu fahren. Kurz vor Lermoos halte ich an und versuche zum x-ten Mal Osnatel, meinen Telefonanbieter, zu erreichen, da meine Auslandsflat nicht funktioniert. Wie immer lande ich in einer Warteschleife und gebe nach drei Versuchen auf. Da es auf Mittag zugeht, möchte ich vor dem Fernpass noch eine Suppe essen. Das ist so mein Mittagsritual. Wenn etwas essen, dann eine Suppe. An der Family Alm Tirol mache ich eine Pause und esse eine Rindfleischsuppe mit Backerbsen. Dazu gibts ein Spezi. Schmeckt beides richtig gut. 

Frisch gestärkt gehe ich den Fernpass an. Von hier an geht es nur noch bergauf. Mal kann ich noch fahren, aber es gibt auch Passagen, da muss ich aus dem Sattel und schieben. Dann komme ich an einem Alpackagehege vorbei und frage sie, ob sie mein Gepäck tragen würden. Sie antworten erst gar nicht.

Die Steigungen werden immer heftiger und fahren ist fast nicht mehr möglich. Der Radweg über den Fernpass ist nicht geteert, sondern ein Schotterweg. Das haben sie gemacht um den Flair der Via Claudia Augusta zu erhalten. Ich muss sagen, für die Landschaft ist es besser, wenn es ein Schotterweg ist. Ich als Fahrradfahrer würde allerdings eine Teerstraße bevorzugen. Kurz vor dem Weißensee kommt mir ein Vater mit seinem Sohn entgegen. Ich frage ihn, ob es noch weit ist bis nach oben und dass es doch bestimmt steil hoch geht. "Na ja, so weit ist es nicht mehr und ja, ein bischen steil geht es schon hoch," sagt er. Das ist Ansichtssache, werde ich später feststellen. Mittlerweile sind es wohl 12% Steigung. Wenn ich mal versuche zu fahren, dreht das Hinterrad beim Treten wegen des Schotters durch. Da ist es besser, ich schiebe weiter. Ich nehme mir einen Punkt vor, bis wohin ich schieben will, um dann eine Pause zu machen. Die Arme tun mir weh und ich schwitze wie Sau. Ab und zu überholen mich Mountainbiker mit und ohne Motor und ohne Gepäck. Ich fluche und sage zu mir: "Warum mache ich das eigentlich hier? Bin ich noch ganz dicht? Warum das viele Gepäck?" Eine Frau überholt mich und meint nur: "Respekt." Immer wieder denke ich, dass es ein Stück weiter so aussieht, als ob die Steigung aufhört. Pustekuchen, sie geht weiter. Dann komme ich an die Stelle wo es sonst den alten Römerweg hoch ging. Das hat seit Kurzem ein Ende und er kann umfahren, (in meinem Fall um schoben) werden. Zwei Mountainbiker fahren an mir vorbei und fragen, wo ich hin will. "Nach Nassereith," sage ich. "Na, da ist es ja nicht mehr so weit," meint der eine. Das baut mich auf, aber nach kurzer Zeit merke ich wieder einmal, dass Entfernungen nun mal Ansichtssache sind. Ich schiebe unermüdlich weiter. Dann kommt mir ein Pärchen mit einem Rollstuhl entgegen. Da fällt mir spontan der Film Wo ist Fred mit Till Schweiger ein. Da will sein Kumpel ihn die Treppe runterschieben und hat plötzlich nur noch die Griffe in der Hand. Ich sage: "Guten Tag" und kann es mir nicht verkneifen. "Passen Sie auf, dass Sie nicht nur die Griffe in der Hand haben," sage ich zu der Frau. "Nee, der Rollstuhl bremst selber, da kann nichts passieren," erwidert sie. Ich schiebe weiter.

Dann habe ich es endlich geschafft und es geht bergab. 12% Gefälle auf Schotterweg ist aber auch nicht einfach zu fahren. Es dauert nicht lange und es geht wieder bergauf. Habe ich mich verfahren? Hätte ich oben in eine andere Richtung fahren müssen? Diese Gedanken gehen mir durch den Kopf. Auch andere Radler sehe ich nicht mehr. Ich habe aber keine Lust umzudrehen und schiebe weiter. So langsam geht mir echt die Kraft aus und ich muss immer öfter eine Pause einlegen. Dann höre ich Autos. "Der Fernpass!" schießt es mir sofort durch den Kopf, "doch nicht verfahren!" Eine kleine Abfahrt und eine kleine Steigung und ich komme an der Fernpasshöhe an. Rad abstellen und was Kaltes zu trinken kaufen, das ist das Erste was ich mache.

Da ich den Radweg nicht finde, fahre ich die Passstraße runter. Das ist nicht ganz ungefährlich, weil hier ein sehr hohes Verkehrsaufkommen ist. PKW, LKW, Busse und Motorräder überholen mich. Beim Schloss Fernstein mache ich eine Pause. Danach warte ich eine Lücke im Verkehr ab und mache mich wieder auf den Weg. Immer wieder gucke ich mich um, was bei fast 38 km/h gar nicht so einfach ist, und gucke, ob Fahrzeuge kommen. Dann fahre ich, wenn es geht, rechts ran und lasse sie vorbei. Endlich habe ich die Passstraße hinter mir gelassen und fahre auf Nassereith zu. Hier werde ich mir eine Unterkunft suchen. Gleich am Ortseingang sehe ich zwei Häuser, die ein Schild im Garten haben. Zimmer frei, auch für eine Nacht. Ich entscheide mich für das rechte Haus und klingele. Ein älter Frau macht die Tür auf und ich frage, ob sie ein Zimmer frei hat. "Ja", ist ihre Antwort. Dann ist Ruhe. "Ok, dann nehme ich das", sage ich. Nun wäre sie wieder am Zug, aber es passiert nichts. "Ich nehme es", sage ich noch mal und dann reagiert sie. Wir gehen nach oben auf's Zimmer. Hier ist es wie vor 30 Jahren. Dunkel eingerichtet und kein TV. Egal, sage ich mir, dann wird halt gelesen. "Kann man hier irgendwo essen gehen?", frage ich. "Ja, aber heute hat nur das Hotel Post auf. Es ist Montag und da haben alle anderen zu. Die Post gehört einem Cousin von mir. Der hat das gerade umgebaut und braucht das Geld, darum hat er Montags auf," erzählt sie mir. Nun kommt sie ins Erzählen und hört gar nicht mehr auf. "Kann ich mein Rad irgendwo unterstellen?", unterbreche ich sie. "Ja, im Schuppen hinter dem Haus", sagt sie. Ich bringe meine Sachen hoch, dusche und lege mich erst mal hin. Auf 18 Uhr gehe ich zur Post und essen ein Wiener Schnitzel mit Kartoffeln.

Heute bin ich 35 km gefahren.

Film ab

09.08.2016

Von Nassereith nach Landeck

 

Um kurz vor 8 Uhr wache ich auf. Es regnet wie verrückt. "Bitte nicht wieder so ein Tage wie der erste", denke ich. Dann wird es aber weniger. Im Frühstücksraum verstärkt sich meine Erkenntnis, dass es hier ist wie vor 40 Jahren ist. Der Fernseher steht in der Ecke, die Einrichtung sieht aus, als ob die Zeit stehen geblieben ist. So war es früher auch. Das Frühstück, na ja. Die Brötchen sind bestimmt schon zwei Tage alt. Wurst und Käse gehen so. Marmelade ist ok. Das Wichtigste aber: der Kaffee schmeckt. Nach dem Frühstück packe ich meine Sachen, bezahle und fahre los. Der Regen hat mittlerweile aufgehört. Somit ziehe ich zwar die Regenjacke an, aber eine kurze Hose. Die Wolken hängen aber tief im Tal. Es geht teilweise durch den Wald, was aber nicht schlimm ist. Die Wege sind sehr gut zu befahren.

 

In Tarrenz halte ich an einer Art Freilichtmuseum an. Ich stelle das Rad ab und gehe zur Kasse. Der Mann schickt mich gleich wieder raus, ich soll doch bitte zu dem Tor da drüben gehen, da der Film gleich los geht. Ein junge Dame mit super blauen Augen nimmt mich in Empfang und erzählt mir, was ich zum Film wissen muss. "Hier in der Nähe wurde das Grab einer Frau gefunden, von der man erst dachte, sie sei eine Heilerin. Dieser Film zeigt, wie Heilerinnen bejubelt aber auch als Hexen bezeichnet wurden. Er dauert ca. 20 Minuten. Unter der Leinwand sind in Vitrinen die Fundstücke aus dem Grab ausgestellt."

 

Das Gurgltal und seine Seitentäler im Tiroler Oberland waren in früheren Jahren eines der bedeutendsten Bergbaugebiete Tirols.

 

In der Knappenwelt wird in erster Linie das Trennen des Erzminerals vom tauben Gestein, also die Aufbereitung der Erze, dargestellt. Dies geschieht anhand maßstabgerechter und funktionstüchtiger Anlagen, wie sie im 16. Jahrhundert im alpinen Raum bestanden haben.

Im Jahr 2008 wurde durch Zufall in einem Waldstück des Tarrenzer Ortsteiles Strad ein außergewöhnlicher archäologischer Fund gemacht. Es handelte sich dabei um die sterblichen Überreste einer etwa 40-jährigen Frau aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648).

Die Fundsituation stellte sich allein deshalb schon als ungewöhnlich dar, da alles darauf hindeutete, dass es sich hier um eine Sonderbestattung handelte. Werden Tote sonst auf den Rücken liegend bestattet, so wurde diese Frau in Bauchlage beerdigt – und das mitsamt ihren Habseligkeiten. Aus archäologischer und auch historischer Sicht machte sich aufgrund der hohen Funddichte und des ungewöhnlich guten Zustandes vieler Gegenstände in den Reihen des Forschungsteams rund um Univ.-Prof. Dr. Stadler beinahe eine Art Jubelstimmung breit. Wann bietet sich denn schon die Gelegenheit, einen Blick auf die Lebensumstände bzw. die Habseligkeiten einer einfachen Frau zu erhaschen, die vor rund 400 Jahren gelebt hat?

 

 

Bald schon stellte sich jedoch heraus, dass es sich beileibe nicht „nur“ um eine einfache Frau handeln konnte. Zu Ehren dieser besonderen Frau wurde nun im Gelände der Knappenwelt Gurgltal ein Museum errichtet.

Ich finde den Film sehr beeindruckend und er spiegelt wider, wie es damals zuging. Anschließend mache ich einen Rundgang durchs Museum. Auch das ist klasse. Wer mal in der Gegend ist, sollte sich das ganze mal angucken. Ich fahre weiter nach Imst. Dort möchte ich etwas essen. Bevor ich mich aber entscheiden kann, bin ich schon durch Imst durchgefahren. Nun geht es die ganze Zeit an der Autobahn entlang. In Mils mache ich an einer Autobahnraststätte eine Pause. Für die ganz Schlauen: Nein, ich bin nicht über die Autobahn gefahren. Mit dem Rad kommt man von hinten an die Raststätte ran. Das ganze ist eine Erlebnis-Raststätte. Hier bekomme ich ein gute Gulaschsuppe. Bis kurz vor Landeck läuft es gut. Dann fängt es 3 km vor Landeck an zu regnen. Unter der Überdachung einer Garage halte ich an und hoffe, dass es gleich wieder aufhört. Das macht es natürlich nicht. Also Regenschutz über die Schuhe, Regenhose und Regenjacke an und weiter geht's.

In Landeck fahre ich gleich zur Touri-Info und frage, ob sie mir sagen können, wo ich noch ein Einzelzimmer für zwei Nächte bekommen kann. Da es morgen auch regnen soll, entscheide ich mich für zwei Übernachtungen in Landeck. Im ersten Hotel, das er anruft, ist nichts frei. Im zweiten Hotel sieht es gut aus. Im Hotel Greif, zwei Minuten vom Zentrum entfernt, bekomme ich ein Zimmer. Hier muss ich wie in Landsberg erstmal meine Regensachen zum Trocknen aufhängen. Nach einer guten Stunde regnet es nicht mehr so doll und so wage ich mich in die Stadt. Heute habe ich keine Lust zum Essen gehen, ich will mir etwas kaufen und auf dem Zimmer essen. Kaum bin ich auf der Haupteinkaufsstraße, da fängt es an zu schütten wie aus Kübeln. Ich sehe viele Radfahrer mit Gepäck und habe etwas Mitleid mit ihnen. Zuerst kaufe ich eine Ansichtskarte, die ich Maya schicken will. Dann geht's weiter in den Spar-Markt. Hier kaufe ich Wurstsalat, Brötchen, Käse, Buttermilch, Butter, ein Radler und eine Bild-Zeitung. Als ich zum Ausgang komme gießt, es immer noch. Vor dem Laden einer Konditorei sehe ich ein tolles Schild. Super Idee, Kunden in den Laden zu holen. 

Mit meinem Einkauf bewaffnet mache ich mich auf den Weg zum Hotel. Meine Hose ist schon klitschnass, weil das Wasser von der Regenjacke immer lustig auf meine Hose läuft. Jetzt ist ausruhen angesagt. Zum Abendprogramm decke ich den Tisch und lasse es mir schmecken. Während des Essens überlege ich, was ich morgen machen könnte. Landeck anschauen kann man vergessen, weil es hier nichts zu gucken gibt. Ich schaue im Interner nach, wie lange ein Bus nach Kappl ins Paznauntal fährt. Er braucht nur gut 30 Minuten. Schon weiß ich, was ich Morgen machen werde.

 

Heute bin ich 40 km gefahren.

Film ab

10.08.2016

1977 war ich zum ersten Mal in Kappl,

und ich glaube 2004 zum letzten Mal.

11.08.2016

Von Landeck nach Nauders

 

Heute wird es wieder sehr anstrengend. Der Reschenpass liegt an. Ich gehe wie immer auf 9 Uhr zum Frühstück. Irgendwie habe ich heute nicht den richtigen Appetit und quäle mir nur ein halbes Brötchen rein. Um 9.45 Uhr fahre ich los. Bis Fließ geht es zwar immer hoch und runter, aber es läßt sich gut fahren. Zwischendurch fahre ich immer an einem Vater mit seinem Sohn vorbei, wenn sie Pause machen, oder sie an mir, wenn ich eine Pause mache. Ich fahre immer am Inn entlang und komme recht schnell in Pfunds an. Hier esse ich wieder eine Suppe mit Backerbsen.

 

 

 

Gut 4 km hinter Pfunds treffe ich Vater und Sohn wieder. Ich halte an und wir unterhalten uns ein wenig. Sie wollen die Via Claudia Augusta bis Venedig fahren. "Jetzt geht's wohl nur noch bergauf", meint der Vater. "Das glaube ich auch, wir sehen uns aber bestimmt noch mal", sage ich und fahre weiter. Bis Vinadi, das sind gut 8 km, steigt es gut an. Es ist nicht viel Verkehr und so habe ich die Straße fast für mich alleine. Hinter mir sehe ich Vater und Sohn näher kommen. Kurz vor dem Haus Vinadi muss ich eine Pause machen. Auch die beiden halten an und wir stellen fest, dass es zwar steil hoch geht, es sich aber gut fahren lässt. Dann fahren wir weiter und sie hängen mich ab. Am Haus angekommen -hier geht auch die Straße nach Samnaun ab- befestige ich die Video-Kamera an meinem Rad.

Engadiner Bundesstraße nach Vinadi

Vinadi, hinter dem Haus geht es rechts ab ins Samnaun Tal

Bis Martina geht es nur noch bergab. Immer wieder bremse ich abwechseln vorne und hinten, so das keine Bremse zu heiß wird. Vater und Sohn stehen am Straßenrand und gucken auf die Karte. Ich halte nicht an und höre nur den Sohn, als er mich sieht: "Richtig hier." Danach fahre ich auf ein Ehepaar mit Anhänger auf. Also jeder hat einen. Er hat das Gepäck drauf und sie den Hund. Wir fahren kurz nebeneinander und tauschen uns aus. Dann fahre ich weiter. In Martina treffen wir uns alle wieder. Vater und Sohn sowie das Pärchen mit Hund. Wir überlegen kurz, wo wir lang müssen. Alle wollen wir den Reschenpass hoch. An der Grenze werden wir nicht kontrolliert. Glück gehabt. Hier ist etwas mehr Betrieb. Einige PKW und ein Bus stehen hier rum. Dann gehen wir es an. Im Convoy fahren wir über die Brücke und sind wieder in Östereich. Vorne Vater und Sohn, dann ich und hinten Pärchen mit Hund.

Anfahrt zum Reschenpass

Ich versuche, mich an die beiden vor mir zu hängen. Das klappt auch bis zur ersten Kehre ganz gut Ich sehe das Schild mit einer 11 drauf. Das ist von oben gesehen die elfte Kehre. Ich fahre um die Kehre und sehe das Drama. Es geht sehr steil hoch. "Scheiße, was tue ich mir da bloß an! Noch 10 Kehren. Das wird hart", sage ich zu mir. Einen Rückzieher mach ich aber nicht. Ich kämpfe mich im ersten Gang von meinen acht Gängen die Steigung hoch. 8% Steigung auf etwa 7 km. Ich komme am Schild 10 vorbei und warte schon sehnsüchtig auf das nächste. Vater und Sohn sehe ich nicht mehr. Dann endlich Schild 9. Hier machen Vater und Sohn eine Pause. Ich grüße nur kurz und fahre vorbei. Meine Beine werden immer schwerer und ich pumpe wie eine Maikäfer. Bei Schild 8 mache ich eine Pause. Vater und Sohn fahren vorbei. Relativ schnell komme ich wieder zu Atem, trinke etwas und fahre nach gut fünf Minuten weiter. Ich fahre an einem Pärchen vorbei (nicht das mit dem Hund). In den Kehren fahre ich wenn es geht, immer innen, da ist es etwas flacher.

 

Kehre 5

Zwischen den einzelnen Kehr zieht es sich manchmal ganz schön hin und nicht jede Kurve ist eine Kehre. Somit gehe ich schon bald wieder aus dem Sattel. Hier steht das Pärchen, welches ich vorhin überholt habe und macht ebenfalls eine Pause. Ich fahre vor ihnen los und mache bei Kehre 5 erneut eine Pause. "Super, die Hälfte habe ich geschafft," spreche ich mir Mut zu. Weiter unten sehe ich, dass sich einer der beiden, mit denen ich vorhin eine Pause gemacht habe abgesetzt hat. Ich mache mich auch wieder auf den Weg um bei Kehre 3 wieder anzuhalten. Am Schlimmsten ist das Losfahren. Die ersten 100 bis 200 m schmerzen einem so die Beine, dass man gleich wieder anhalten möchte. Ab Kehre 2 bin ich total platt und halte alle 100 bis 200 Meter an. Es geht nichts mehr. Ab der letzten Kehre schiebe ich das Rad. Es ist aber nicht mehr weit und ich kann die Norbertshöhe auf 1460 m schon sehen. Vater und Sohn sind schon oben. Wir beglückwünschen uns gegenseitig und machen Fotos. Dann kommt auch das Pärchen und kurze Zeit später das mit dem Hund.

 

Ich buche noch von hier oben ein Zimmer in Nauders. Bis dahin sind es nur noch gut zehn Minuten bergab. Auf der Fahrt runter nach Nauders, überhole ich einen kleinen Trecker mit einem Anhängern hinten dran. Das ist so ein Ding, wie man es in vielen Touristenorten sieht. In den Anhängern sitzen Kinder und halten die Hände zum Abklatschen raus. Zwei erwische ich, dann bin ich auch schon vorbei. Mein Hotel Zum Goldenen Löwen finde ich recht schnell. Es liegt mitten im Ort. Rad abstellen, Taschen auf's Zimmer und wie immer duschen und ausruhen. Später gehe ich noch etwas zu trinken und Schokolade kaufe. Am Abend esse ich in meinem Hotel ein Wiener Schnitzel mit Pommes. Heute bin ich 57 km gefahren.

12.08.2016

Von Nauders nach Tschierv

 

Ich habe richtig gut geschlafen. Eigendlich kein Wunder nach dem Aufstieg gestern. Ich gehe auf kurz nach 9 Uhr zum Frühstück. Es ist alles da, was das Herz begehrt. Heute habe ich mehr Appetit als gestern. Brötchen, Müsli mit Quark, ein Ei und Früchte verputze ich. Anschließend bezahle ich, mache mein Rad startklar und fahre los. Es ist 10.15 Uhr.

Nach zwanzig Minuten merke ich, dass ich den Zimmerschlüssel noch in der Tasche habe. Ich habe keine Lust, zurück zu fahren und werde ihn, wenn ich zu Hause bin, mit der Post zurückschicken. Ich bin bestimmt nicht der erste, dem das passiert.

Je näher ich dem Reschensee komme, desto kühler wird es. Ich komme in Graun an, es sind 11°C und es ist ziemlich windig. Ich mache ein paar Fotos und bitte einen Herrn mich vor dem Kirchturm zu fotografieren.

Weiter geht es immer am See entlang. In Kaschon bin ich auf 1500 m Höhe. Von nun an geht es nur noch bergab. Bei Burgeis will ich noch ein paar Fotos machen. Man kann schön ins Tal gucken. Leider kann ich mit meinem Objektiv nicht mehr zoomen. Auf dem Display steht immer "Verbindung zwischen Kamera und Objektiv fehlerhaft. Kontakte säubern". Ich mache alles sauber, aber der Fehler bleibt. So ein Mist, das ist jetzt nach dem Tretlager, was übrigens immer noch knackt, und dem Handy, das dritte Teil das auf dieser Tour kaputt geht. Zwischen Burgeis und Laatsch, wo ich die Route der Via Claudia Augusta verlassen werde, fahre ich Wege mit 19% Gefälle runter. Auch hier immer schön abwechselnd vorne und hinten bremsen. In Laatsch mache ich eine kleine Pause. Es ist ein kleiner Ort mit wunderschönen alten Häusern. Hier muss man sogar mit dem Auto durch eine Kirche fahren.

Von nun an fahre ich durch das Münstertal. Es ist wunderschön hier, was ich vom Streckenverlauf nicht sagen kann. Immer wieder muss ich absteigen und schieben. Kurz vor Taufers sehe ich in einem kleinen Ort zwei kleine Mädels vor einer Hütte auf einer Festzeltgarnitur sitzen. Die Hütte sieht aus wie ein Kiosk. Ich sehe Schilder wie Kaffee, Kuchen und Saft. Ich halte bei den Mädels an und frage, ob ich einen Kaffee bekommen kann und was der kostet. "Eine freiwillige Spende", sagt eins der Mädels und macht mir den Kaffee fertig. Ich stecke zwei Euro in eine Kasse.

In Santa Maria frage ich zwei Mountainbiker, wie weit es noch bis Tschierv ist. "Bestimmt noch 9 km und es geht bis auf 1660 m hoch. Hier sind wir bei 1375 m. Das ist natürlich nicht das, was ich hören wollte. Es nützt aber nichts, ich muss nach Tschierv, weil ich da gestern Abend ein Zimmer gebucht habe. Also weiter fahren und schieben. Wenn ich schiebe, suche ich mir immer einen

Punkt -das kann ein Strich auf dem Weg, ein Zaunpfahl ein Baum oder sonst etwas sein- bis wohin ich es schaffen will. Bis zu diesen Punkten sind es nur etwa 100 m, aber in den meisten Fällen schaffe ich es nicht, weil meine Arme schlapp machen. Sogar lautstarkes Anfeuern wie etwa: "Komm jetzt, bis dahin schaffst du es noch", bringt nichts. Es ist manchmal einfach zu steil. Über jede kleine Abfahrt freue ich mich, ist sie auch noch so kurz. Dann bin ich in Fuldera. Von hier

Pause zwischen Valchava und Fuldera

geht es die letzten 4 km nur noch bergab oder geradeaus. Kurze Zeit später sehe ich das Parc-Hotel Staila. Es liegt genau an der Hauptstraße, die zum Ofenpass geht. Von meinem Zimmer aus kann ich sehen, wie steil es ab hier hoch geht. Wenn ich bedenke, dass der Reschenpass eine Steigung von 8% hat und der Ofenpass 10% haben soll, wird mir ganz schlecht. Ich komme zu der Entscheidung, dass ich morgen mit dem Bus bis zur Passhöhe fahre und von da aus nach Zernez. Ich frage an der Rezeption nach, ob ich überhaupt mit dem Bus hoch fahren kann. "Ja, das geht", sagt das Mädel hinter dem Tresen. Am Abend gehe ich runter ins Restaurant und lasse mir die Speisekarte geben. Das Angebot geht von Wurstsalat über Pizza, Burger (160g Fleisch), Wiener Schnitzel vom Kalb bis zu einem Menü. Das Schnitzel kostet Fr 26,50. So gerne ich es esse, aber das ist zu viel. Ich nehme einen Wurstsalat für Fr 12,80. Heute bin ich 57 km gefahren und war 7,5 Std. unterwegs. So lange wie noch nie auf dieser Tour.

Mein Hotel in Tschierv

13.08.2016

Von Tschierv nach Zernez

 

Heute habe ich Zeit, da der Bus, mit dem ich zur Passhöhe fahren will, jede Stunde fährt. Ich entscheide mich für 10.50 Uhr. Die Bushaltestelle ist schräg gegenüber vom Hotel. Im Frühstücksraum mache ich große Augen. Ich bin wohl der Letzte, da der Raum völlig leer ist, und der Kaffee, die Teller und einiges auf dem Buffet auch. Aber das, was da ist, reicht für mich noch allemal aus. Auf den Tischen steht überall gebrauchtes Geschirr und es ist niemand im Raum, den ich fragen kann. Dann kommt eine junge Frau aus der Küche. "Kann ich bitte einen Kaffee haben, die Kannen sind alle leer und Teller sind auch keine mehr da", frage ich sie "Ja, na klar, ich bin heute morgen ganz alleine im Haus", erwidert sie und holt gleich eine Kanne Kaffee und Teller aus der Küche. Ich gehe zum Buffett und schaue mal was so da ist, oder war. Es gibt oder gab verschiedene Sorten Marmelade, Käse in einigen Varianten, von denen einige aussehen, als ob sie schon stein alt sind, aber das ist halt Schweizer Käse. Müsli, Datteln, Obst und Brot. Brötchen gibt es keine. Das Brot schmeckt einmalig. Es ist ein Graubrot, dass ziemlich flach ist. Schneidet man sich eine Scheibe ab, ist sie ungefähr 4 - 5 cm breit. Nach dem Frühstück packe ich meine Sachen und gehe zum Bezahlen. Nebenbei erwähne ich, dass ich mit dem Bus zur Passhöhe fahren möchte. "Haben sie sich angemeldet?" fragt das Mädel. "Nö, muss ich das?" "Ja, klar, ich kann das aber schnell für Sie machen, dann bekommen Sie den Bus um 9.50 Uhr noch", sagt sie. Ich schaue auf die Uhr. Es ist 9.40 Uhr. "Mache Sie sich keinen Stress," sage ich. "Ich nehme erst den Bus um 10.50 Uhr." Nun habe ich noch eine Stunde Zeit und versuche, die Bremsbelege an der hinteren Bremse zu tauschen. Ich bekomme die Bremse demontiert, aber die Belege nicht ab. Das einzige was ich ich noch bekomme, sind schwarze Finger. Ich baue alles wieder zusammen und schiebe ab zur Bushaltestelle.

Meine Radtaschen lege ich auf die Bank im Wartehäuschen. So nach und nach kommen noch einige Leute. Um 11 Uhr kommt der Bus angefahren. Ich sage dem Fahrer Bescheid, dass ich angemeldet bin und ein Rad dabei habe. Er steigt aus, öffnet die Gepäcktüren unter dem Bus, schnappt sich mein Rad und stellt es auf den Anhänger, den er dran hat. Ich lege meine Taschen ins Gepäckfach, bezahle und will mir einen Platz suchen. Fehlanzeige, der Bus ist proppenvoll. So muss ich stehen bleiben. Erst geht es noch relativ gesittet bergauf, nach und nach wird es aber steiler und es kommen die Kehren. Immer wieder muss er vor einer Kehre anhalten, weil von oben ein Bus oder LKW kommt und immer nur einer durch die Kehre passt. Rechts neben dem Bus geht es steil runter. "Hoffentlich weiß der Fahrer, was er tut", denke ich. Dann taucht vor uns ein Radfahrer auf. Der Bus fährt bis auf einen Meter auf den Radfahrer auf, weil er ihn nicht überholen kann. Gegenverkehr. Ich als Radfahrer wäre schon sehr nervös geworden und das ist noch milde ausgedrückt. Mit 6 - 7 km/h den Berg hoch, rechts geht es steil runter, nur von einer Leitplanke begrenzt, und hinter mir fährt ein Bus. Das bestärkt mich in meinem Entschluss, die beiden nächsten Pässe auszulassen. Ich muss mir nichts mehr beweisen. Dann kommen wir an der Passhöhe auf 2149 m an. Hier stehen schon etliche Busse und Radfahrer, die mit anderen Bussen hoch gekommen sind, aber keiner hat so viel Gepäck wie ich. Mache ich irgendwas falsch? Egal, ich bestücke mein Rad mit meinen Taschen und schieb zu der Stelle, wo es zur anderen Seite wieder runter geht. Neben mir hält die Polizei einen PKW Fahrer an. Ich bekomme mit, das er wohl im Gegenverkehr überholt hat, obwohl die Polizei hinter ihm war. "Das war lebensgefährlich was Sie gemacht haben, dafür habe ich kein Verständnis", sagt der eine Polizist mächtig sauer zu dem PKW-Fahrer. Der scheint sich keiner Schuld bewusst und versucht das ganze runter zu spielen. "Da diskutiere ich nicht mit ihnen", sagt der Polizist immer ärgerlicher werdend. "Sie spielen mit Ihrem und dem Leben anderer." Wie es nun ausgegangen ist, weiß ich nicht, da ich mich in den Sattel schwinge und los fahre. "Wenn es aber mehrere von solchen Idioten gibt, dann wird die Fahrt runter nach Zernez ja lustig", denke ich und schon rauscht der erste an mir vorbei. Es ist ein Motorradfahrer, der beschleunigt wie ein Wahnsinniger. Ich muss mich ganz schön konzentrieren. Vorne und hinten abwechselnd bremsen, damit die Dinger nicht zu heiß werden, auf den Gegenverkehr achten, ob keiner überholt, von hinten die Geräusche beachten, was da hinter mir her kommt und so wenig wie möglich hin und her schlenkern, was bei anfänglichen 20 km/h nicht so einfach ist. Schon nach kurzer Zeit halte ich nach einem Parkplatz oder ähnlichem Ausschau. Noch nicht einmal die Gegend kann ich während der Fahrt genießen, so muss ich mich konzentrieren. Ich sehe einen Parkplatz und halte erleichtert an. Die Bergwelt ist hier einmalig.

 

Da unten im Tal liegt Zernez

In diese Richtung geht es weiter. Runter vom Ofenpass

Ich befinde mich nun im Schweizer Nationalpark. Diese Landschaft entschädigt mich für die Quälerei und alles, was bis jetzt nicht so toll war. Ich gucke nach oben, ob die Straße frei ist, und fahre weiter. Dann wird es flacher und ich muss sogar treten. Hier ist es nicht so schlimm mit der KKonzentration und ich sehe mich ein wenig um. Hier stehen unheimlich viele abgestorbene Bäume. Liegt es an den klimatischen Verhältnissen hier oben oder an der Umwelt? Ich habe im Internet einen Ausschnitt aus dem Buch von Wolfgang Maers gefunden, der das sterben erklären könnte.

"Stress durch Strom und Strahlung" Baubiologie: Unser Patient ist das Haus - Band 1 Elektrosmog Mobilfunk Radioaktivität Erdstrahlung Schall Licht von Wolfgang Maes

 

... ich vergesse nie die traurige Fahrt durch den Schweizer Nationalpark zwischen Flüela- und Ofenpass. Tausende Nadelbäume zeigten Wachstumsstörungen. Eine ganze Landschaft schien krank. Im Zentrum des Naturparks kilometerweit tote Bäume. Blattlose Gerippe in der unberührten Berglandschaft. Ich war auf dem Weg von einem Vortrag in Zürich zu Seminaren in Südtirol und hatte meine Messgeräte dabei:  Im Waldschadensgebiet gab es mehrtausendfach stärkere Funkintensitäten als bei mir zu Hause mitten in der rheinischen Industriegroßstadt. Auf den Spitzen der Berge lauerten die Sendeantennen. Oben auf dem Ofenpass waren in 2150 Meter Höhe riesige Sendetürme installiert. Sie zielten in die zerstörte Landschaft. Im Tal war man fleißig dabei, die kranken und toten Bäume zu fällen, Ordnung muss sein.

 

Dann komme ich an eine Stelle, die ich so nicht erwartet habe. Es geht wieder hoch. Ich muss in den ersten Gang schalten, weil ich es sonst nicht schaffe. Ich fahre um eine Kurve und sehe einen größeren Parkplatz. Hier mache ich wieder mal eine Pause, esse Datteln und Tuc Kekse und trinke etwas. An einer Infotafel gucke ich auf der Karte, wo ich eigentlich bin. Es dauert einen Moment, da ich immer mit meiner Karte vergleichen muss, bis ich sehe wo ich bin. Ich habe erst die Hälfte der Strecke nach Zernez hinter mir. Hier gibt es auch eine Bushaltestelle, aber ich ziehe das jetzt durch. Wenigstens runter will ich den Ofenpass fahren. Nach gut 20 Minuten fahre ich weiter. Dann eine

Baustelle mit einer Ampel. Hier geht es nur einspurig weiter. Vor mir stehen schon einige PKW, da die Ampel rot ist. Sie schaltet auf grün und und wir fahren alle los. Für mich reicht die Grün-Phase leider nicht aus. Die ersten Autos kommen mir schon wieder entgegen. Ich bleibe stehen und stelle mich rechts ganz an die Felswand. Als alle weg sind, fahre ich weiter und schaffe es bis zum Ende der Baustelle. Nach der nächsten Kurve sehe ich, was ich nun so gar nicht erwartet habe. Es geht mit zwei Kehren mächtig nach oben. Ich fluche innerlich.Auf einem Parkplatz vor der Steigung halte ich an und mache noch einmal eine Pause, bevor ich die Steigung angehe. Die Sonne brennt ganz schön vom Himmel. Leider gibt es auf diesem Parkplatz keinen richtigen Schattenplatz und so schwitze ich lustig vor mich hin. Dann gehe ich es an. Die ersten paar Meter gehen gut zu fahren, aber die Gerade nach der ersten Kurve wird immer steiler und länger. Ich schaffe es nicht und muss aus dem Sattel. Das ist nicht das Schlimmste. Nun muss ich die Straßenseite wechseln, weil man ja auf der linken Seite laufen muss. Das blöde ist nur, das es auf der linken Seite steil runter geht und zwischen mir und dem Abhang nur eine Leitplanke ist. Da ist sie wieder meine Höhenangst. Ich habe gut 300 m vor mir und laufe mit weichen Knien etwas weit auf der Fahrbahn. Ich hoffe die ganze Zeit, dass mir kein Auto entgegen kommt und ich nicht an die Leitplanke muss. Ich habe Glück und schaffe es bis nach oben. Völlig aus der Puste stehe ich da und sehe von hier oben den Parkplatz, auf dem ich gerade noch eine Pause gemacht habe. Von nun an geht es wirklich nur noch runter.

Wieder heißt es abwechselnd vorne und hinten bremsen. Es geht gut zu fahren und ich hoffe, dass die Bremsen halten. Dann sehe ich weit unten einen Ort. Sollte das Zernez sein? Ich hoffe es und bin froh, dass ich bald im Tal bin. Kurze Zeit später fahre ich am Ortseingangsschild von Zernez vorbei. Es ist wunderschön hier. Tolle Häuser und ich halte kurz an, um Fotos zu machen. Ein Blick auf die Uhr sagt mir aber, dass ich das heute Nachmittag noch machen kann. Es ist gerade mal 14 Uhr. Mein Hotel finde ich recht schnell. Es liegt mitten im Ort. Leider auch an der einzigen Straße die es hier gibt und alle, die den Ofenpass hoch wollen oder runter kommen, fahren hier durch. Das Zimmer habe ich bereits am Vorabend im Internet gebucht. Ich muss hier CHF 102,00

Mein Hotel in Zernez

für die Übernachtung bezahlen inkl. Frühstück. Ich schleppe meine Sachen aufs Zimmer, und mache eine Stunde Pause. Anschließend gehe ich auf Besichtigungstour durch den Ort. Ich bin begeistert. Dieser Baustil der Häuser ist wunderschön. Um für den Abend etwas zu naschen und zu trinken zu haben, gehe ich in einen kleinen Supermarkt. Eine Flasche zu trinken habe ich schnell gefunden. Dann ab zu den Süßigkeiten. Ich kaufe mir eine Packung Toblerone.

Dann geht es zum Bahnhof. Der ist drei Minuten von meinem Hotel entfernt. Hier gibt es sogar einen Schalter und ich brauche mich nicht mit einem Automaten rumschlagen. "Ich hätte gerne für morgen eine Fahrkarte nach Landquart. Für mich und mein Fahrrad", sage ich. "Gerne," sagt der Mann am Schalter. "Die Fahrkarte für sie kostet CHF 33,00 und für das Velo CHF 18,00". "Für was?", frage ich. "Für ihr Fahrrad", erwidert er. Das ist echt der Hammer, bei uns kostet eine Karte für ein Rad € 5,00. Er druckt mir auch noch die Abfahrzeiten aus. Der Zug fährt jede Stunde um 9.47 Uhr , 10.47 Uhr usw. Ich muss einmal umsteigen und die ganze Fahrt dauert 1 Std. 23 Minuten. Ich freue mich schon auf die Fahrt. Immer mal habe ich im Fernsehen gesehen, wie Züge durch die Schweiz fahren. Durch die engen Täler schlängeln sich die Züge dahin. Am Abend esse ich im Hotel, welches gleichzeitig eine Pizzeria und Cafe ist, eine Pizza Margharita für CHF 12,90. Heute bin ich 20 km gefahren.

14.08.2016

Von Zernez nach Maienfeld

 

Heute habe ich, wie gestern ausreichend Zeit, da mein Zug jede Stunde fährt. Ich entscheide mich für 10.47 Uhr. Trotzdem gehe ich wie fast immer gegen 9 Uhr zum Frühstück. Anschließend bezahle ich, schleppe meine Taschen zum Rad und fahre zum Bahnhof. Mein Zug hat fünf Minuten Verspätung. Das könnte knapp werden, da ich zum Umsteigen nur eine Minute habe. Dann fährt er ein. Ich schiebe mein Velo ins Veloabteil. Da man hier die Räder senkrecht in eine Vorrichtung hängen muss, bleibe ich im Gang stehen. Sind ja nur 20 Minuten bis nach Sagliains. Kurz vor Susch kommt eine Durchsage: "Meine Damen und Herren, wegen einer Baustelle fahren wir in Saglainsh in den Tunnel ein, stoppen und fahren nach einem kurzen Halt weiter zu Bahnhof Saglains." So kommt es auch. Der Zug hält mitten im Tunnel, der Zugführer steigt aus, geht im Gleis nach hinten zum Zug, was nun vorne ist, und startet den Zug wieder. Im Tunnel biegen wir ab nach Sagliains. Mittlerweile haben wir zehn Minuten Verspätung.

Bahmhof Zernez

Unser Anschlusszug hat auf uns gewartet. Das nenne ich Service. Der Zug steht genau gegenüber am selben Gleis. Ich schiebe mein Rad rüber und dann sehe ich den Wagen für die Fahrräder. Nur gut das noch drei andere Radfahrer mitfahren. Zu dritt wuchten wir mein Rad in den Waggon. Ich hätte ja auch die Taschen abnehmen können, da aber alles so schnell gehen musste, habe ich sie dran gelassen. Im Waggon verzurre ich mein Rad mit Gurten die da rumhängen, an der Wagonwand und gehe in den Personenwagon. Ich freue mich schon auf die tolle Gegend, die ich gleich sehen werde. Die Freude verfliegt aber unmittelbar, nachdem wir losfahren. Die nächsten 20 km geht es durch den Vereinatunnel.

Erst in Klosters sehen wir das Tageslicht wieder. Ab hier wird es eine wunderschöne Zugfahrt. Der Zug schlängelt sich von Klosters über Luzein und Schiers bis nach Landquart. An kleineren Bahnhöfen hält er nur auf Wunsch an. In manchen Kurven fährt er nur Schritttempo. In Landquart finde ich nicht sofort den richtigen Weg nach Maienfeld. Es ist sehr schlecht ausgeschildert. An einer Kreuzung frage ich zwei Radfahrer und sie erklären mir den Weg. Ich fahre durch wunderschöne Weinfelder und zwischendurch muss ich mal wieder aus dem Sattel, weil es echt steil hoch geht. Das Swiss Heidihotel in Maienfeld finde ich 

recht schnell. Leider ist mein Zimmer noch nicht fertig und ich muss einen Moment warten. Das Zimmer ist echt schön, allerdings komme ich mir beobachtet vor. Ob im Zimmer, beim Duschen oder auf der Toilette. Heidi hat mich immer im Visier. Ich mache, wie jedes mal, wenn ich mein Zimmer beziehe, erst mal eine Ruhepause und esse den Apfel, den ich an der Rezeption aus der bereit stehenden Schüssel mitgenommen habe. Fernseher an, Augen zu und  

etwas berieseln lassen. Im Prospekt, welches auch an der Rezeption lag, sehe ich, dass es nicht sehr weit zum Heididorf ist. So mache ich mich auf den Weg. Bis in den Ort sind es vom Hotel etwa zehn Minuten. Es ist echt schön hier. Zum Heididorf geht es nur berauf. In der prallen Sonne. Ich depp habe auch nochmeine Trinkflasche vergessen, Es zieht sich unheimlich, bis ich am Heidihof, dem Restaurant vor dem Heididorf, ankomme. Da bestelle ich mir ein Spezi 0,5l. ich höre es in mir zischen, so ausgetrocknet bin ich. Von hier aus sind es noch fünf Minuten zum Heididorf. Ich bezahle mein Spezi und mache mich auf den Weg zu Heidi. Vielleicht hat sie ja ein Glas kalte Ziegenmilch für mich. Im Dorf angekommen, sehe ich vier Häuser: Ein altes Rathaus, Heidis Alpütte, ein Heidihaus und einen Souvenirshop. Um das Heidihaus und Heidis Alphütte zu besichtigen soll ich CHF 9,90 bezahlen. Das Rathaus ist nicht zu besichtigen. Ich bin mächtig enttäuscht und mache mich wieder auf den Weg zurück nach Maienfeld.

Heidi Dorf

Maienfeld

Zurück im Hotel, gehe ich erst mal mit Heidi duschen und mache mich fein für das Abendessen. Im Hotel gibt es nur ein Bistro. Salat und Toast mit Schinken und Käse machen sie im Bistro selber. Nudeln und Pizza lassen sie bringen. Ich bestelle ein Toast mit Schinken und Käse und dazu Chips und einen Dip. Bis es kommt, schreibe ich mein Tagebuch. Vor mir bezahlt ein älterer Herr und kommt

 

an meinen Tisch. "Ist das ein Bikeline Buch?", fragt er. "Ja, sage ich, "Ich nehme nur diese Bücher, die sind echt gut". Wir unterhalten uns ein wenig und er erzählt, dass er mit seiner Frau - beide hätten sie, die sieben beim Alter vorne-, hier Urlaub macht und von hier aus Rad Tagestouren machen. Er fragt, wo ich her komme und wo ich noch hin will. "Da haben sie ja schon ein paar Kilometer hinter sich gebracht", sagt er. Dann kommt mein Toast und er verabschiedet sich. Heute bin ich 16 km gefahren.

15.08.2016

Von Maienfeld nach Oberriet

 

Habe nicht so gut geschlafen. Immer wieder habe ich gedacht, es würde regnen. Es war aber nur der Wind. Um 9 Uhr gehe ich zum Frühstück. Was mir gestern schon aufgefallen ist, ist dass hier im Hotel viel Gäste aus dem arabischen Raum wohnen. Eine Frau ist sogar komplett verschleiert. Ich verschaffe mir wie immer erst mal einen Blick über das Buffett. Was gibt es und was ist wo. Dann schnappe ich mir einen Teller, ein Brötchen, Marmelade und Butter und suche mir einen Platz am Fenster. Kaffee muss man sich aus einem Kaffeeautomaten holen. Aber nicht so ein Kantinen-Ding, sondern ein richtig guter. Mein Blick fällt auf die Frühstückseier. Die muss man sich hier selber kochen. Auf dem Tisch stehen drei Sanduhren. 3 Minuten weich, 5 Minuten, mittel und 8 Minuten hart steht auf den einzelnen Uhren. Ich hänge das Ei in so ein Gestänge mit einem blauen Griff schnappe mir die 5 Minuten Sanduhr und gehe zurück an meinen Platz. Nachdem die Sanduhr durch gelaufen ist, gehe ich zum Wasserbad und nehme mein Ei raus. An meinem Tisch schlage ich das Ei auf, und die Sanduhr hat recht. Es ist weich, total weich, auch das Eiweis. Ei in den Mülleimer und den zweiten Versuch starten. Jetzt nehme ich die 8 Minuten Uhr und das Ei ist ideal. Beim Gang zum Müsli treffe ich den älteren Herren, er ist übrigens Schweizer, wieder. Nach dem Frühstück packe ich ganz in Ruhe meine Sachen, bringe sie zur Rezeption runter und bezahle mein Zimmer. Beim befestigen der Taschen an meinem Rad steht der ältere Herr mit seiner Frau neben mir und wir unterhalten uns noch ein wenig über deutsche und schweizer Radwege und ihre Beschilderung. "Das ist bei uns in der Schweiz nicht so gut wie in Deutschland", sagt er. "Wir waren schon an der Ostsee und da ist das alles wunderbar". "Ja, das habe ich auch schon gemerkt. Hier stehen immer nur Nummern auf den Schildern", sage ich. Dann muss ich erzählen wo ich bis jetzt lang gefahren bin. "Wo wollen sie denn heute hin, frage ich die Frau. "Ach ich weiß das nicht, das macht alles mein Mann, ich fahre nur hinterher", sagt sie und lacht ."An den Rhein und dann Richtung Vaduz", sagt er. Wir verabschieden uns und sie fahren los. Ich fahre kurze Zeit später auch los. In Maienfeld kaufe ich noch eine Flasche Wasser und fülle meine Trinkflaschen auf. Am Rhein angekommen, treffe ich die beiden wieder. Es ist eine Wohltat, keine Berge hoch oder runter fahren zu müssen.