Nach unserer wunderschönen Radtour, im Sommer 2003, von Köln den Rhein entlang zum Bodensee, plane ich eine neue Tour für den Sommer 2004. Ich kann nicht sagen warum, aber ich entschließe mich für die Donau. Die Tour soll an der Quelle in Donaueschingen beginnen und in Passau enden. Je länger ich allerdings über die Strecke nachdenke, kommen mir Zweifel an dieser Tour. Im Grunde genommen ist es das selbe wie die Rheinradtour zum Bodensee. Immer an einem Fluss entlang. Als ich so auf meine Radtourenkarte an der Wand schaue, fällt mein Blick auf Mecklenburg-Vorpommern. Da ich dort noch nie war, aber schon viel Schönes über die Gegend gehört habe, beschließe ich, den Mecklenburgischen Seenradweg zu fahren. Er beginnt in Lüneburg und endet in Wolgast (Usedom). Ich werde aber nur bis Plau am See fahren (Trotz dieser Planung soll es ganz anders kommen), dass sind ca. 200 km. Dafür gibt es zwei Gründe. Erstens, ich möchte mir Zeit lassen und viel anschauen und filmen. Der zweite Grund ist, dass ich alleine fahre und Katharina versprechen muss, im Sommer 2005, die zweite Etappe mit ihr zu fahren. Nachdem alles geklärt ist, kann ich mit der Vorbereitung beginnen. Ich besorge mir eine Karte der Tour und andere Unterlagen. Die Radtourkarte Mecklenburgischer Seenradweg als Spiral-Klappkarte von der Bielefelder-Verlags-Anstalt ist dafür gut geeignet. Dort sind Tagestouren mit Kilometerangaben und Infos über die Strecke und die Sehenswürdigkeiten an und abseits der Strecke angegeben. Meine Strecke teilt sich wie folgt auf:

 

                              1. Lüneburg - Neuhaus 42 km

                              2. Neuhaus - Dömitz 40 km

                              3. Dömitz - Ludwigslust 46 km

                              4. Ludwigslust - Parchim 39 km

                              5. Parchim - Plau am See 36 km

Da die Etappenkilometer recht wenig sind, kann ich es langsam und gemütlich angehen lassen. Insgesamt sind das 203 km und meine Fahrzeit lege ich mit einer Woche fest. Dieses mal werde ich kein Zelt mitnehmen, sondern in Privatpensionen und Gaststätten übernachten. Aus dem Internet suche ich mir Unterkünfte in jedem Ort raus. Die Preise liegen zwischen € 17, - und € 40,- pro Übernachtung inkl. Frühstück. Dann ist da wieder die Sache mit dem Fahrrad. Genau wie 2003 will ich nicht mit meinem Rad fahren. Es würde die Strecke nicht überleben. Peters Rad (das meines Chefs) möchte ich nicht. Also, muss ein neues gebrauchtes her. Bei Schwan in Melle gibt es welche von € 40,00 bis € 200,00. Da ist aber nie das Richtige dabei. Die für € 40,00 bis € 100,00 sind so wie meins und die anderen sind mir zu teuer, da ich mir eine Grenze von € 100,00 gesetzt habe. Drei Wochen vor Tourbeginn finde ich das richtige Rad für € 105,00 inkl. Tacho bei Fahrrad Dellbrügge in Melle. Von Zweirad Schwan besorge ich mir noch einen Gepäckträger für vorne und aus dem Internet ein Satteltaschen-Set für €17,50, dass ich drei Tage später im Jawoll-Markt in Stadthagen für € 4,99 sehe. Am 10.07.2004 um 8.30 Uhr soll die Reise losgehen. Mit dem Zug von Melle nach Lüneburg und dann rauf aufs Rad. Eine Woche vorher, ich habe kaum noch etwas im Büro zu tun, beschließe ich nach Rücksprache mit meinem Chef, meinen Urlaub drei Tage früher anzutreten. Nun will ich bereits am 04.08.2004 starten. Das Blöde ist nur, dass ich das Wochenendticket nicht nutzen kann. Ich lasse mir am Automaten in Melle den Normalpreis ausdrucken und bin überrascht. Die Fahrt unter der Woche kostet nur € 31,40 plus € 3,00 für das Fahrrad. Am 01.08.2004 fahre ich mit Katharina zum Bahnhof nach Minden und frage da noch mal nach einem Ticket von Melle nach Lüneburg. Die nette Dame hinter dem Schalter nennt mir einen Preis von € 36,80. Nach Vorlage meines Ausdrucks aus dem Automaten sucht sie mir eine noch günstigere Verbindung raus. Sie gibt mir ein Ticket von Melle nach Minden für € 9,40, ein Niedersachsen Single Ticket für € 15,00 und das Fahrradticket für € 3,00. Das macht zusammen € 27,40. Nun kann es losgehen.

04.08.2004

Endlich geht es los. Um 7.00 Uhr fahre ich von zu Hause los. In der Firma mache ich noch einen Zwischenstopp, trinke einen Kaffee und fahre um 7.30 Uhr weiter zum Bahnhof nach Melle. Dort angekommen, stehe ich wieder, wie im letzten Jahr, vor den Stufen zur Unterführung. Runter geht es ja ganz gut, aber rauf ist es eine Quälerei. Das Rad mit dem Gepäck ist sauschwer. Ich hoffe nur, dass es in Herford und Uelzen, wo ich umsteigen muss, einen Fahrstuhl gibt. In Hannover muss ich zwar auch umsteigen aber da gibt es eben einen Fahrstuhl. Wie vermutet muss ich in Herford und Uelzen das Rad die Treppen runter- und raufschleppen.

Die erster Etappe. Mein heutiges Ziel ist Neuhaus. 42 km

Nach 4 Std. und 42 Minuten erreiche ich Lüneburg. Es ist 12.30 Uhr und die Sonne brennt schon ganz schön. Hier in Lüneburg halte ich mich ungefähr 2 Stunden auf und schaue mir die Altstadt an.


Der alte Hafen "Am Stintmarkt" mit Kran

Nun muss ich nur noch die Fahrradwegweiser für den Mecklenburgischen Seenradweg finden. Wie nicht anders zu erwarten, fahre ich natürlich an einem Schild vorbei und dementsprechend auch in die falsche Richtung. Das ist aber anderen auch passiert, da das Schild von Gestrüpp verdeckt ist. Dann finde ich es aber doch noch und nun beginnt die Tour auf dem Mecklenburgischen Seenradweg. Es geht durch Wälder und Felder Richtung Scharnbeck, meinem ersten Ziel. Dort möchte ich mir das Schiffshebewerk ansehen. Es ist das größte Doppel-Schiffshebewerk der Welt. Zur Aussichtsplattform überwinde ich 185 Stufen, die so niedrig sind, dass ich ganz beschis... laufen kann. Es lohnt sich aber. Von oben habe ich einen herrlichen Blick in die Elbmarsch. Wer an dem Hebewerk vorbeikommt, sollte es sich ansehen, es ist beeindruckend. Auch die Ausstellung ist recht interessant. Nach einer kleinen Erfrischung fahre ich weiter in Richtung Neetze. Wieder geht es durch schöne Wälder und Felder.


In Boltersen halte ich in einer Hofeinfahrt an und schaue auf der Karte nach dem Weg in Richtung Neetze. Ein älterer Herr kommt aus einer Einfahrt gefahren, hält an, steigt aus und fragt mich wo ich her komme und wo ich hin möchte. Er zeigt mir den Weg und wir kommen ins Gespräch. Na ja, eigentlich erzählt nur er. Von seiner Kindheit, seinem Opa, der immer gesagt hat, dass irgendwann nicht nur die Elbe das Land teilen wird und von seinem Vater. Es ist höchst interessant wie und was er erzählt. Manchmal muss ich schon genau hinhören, denn er verfällt immer wieder in die plattdeutsche Sprache. Nach einer halben Stunde verabschiede ich mich freundlich und fahre weiter nach Neetze. Dort kaufe ich im EDKA Markt einen Müsliriegel und etwas zu trinken. Mein nächstes Ziel ist Bleckede. In Neetze ist die Beschilderung so miserabel, dass ich nach ca. 8 km ein Hinweisschild nach Thomasburg sehe. Als ich auf die Karte schaue, merke ich, dass ich in die völlig falsche Richtung fahre. Anscheinend sehe ich etwas hilflos aus, denn ein Autofahrer hält an und fragt wo ich hin möchte. Er zeigt mir den „schöneren, aber längeren Weg“, so der Autofahrer. Letzteres stimmt. Als ich in Bleckede ankomme, bin ich einen Umweg von ca. 20 km gefahren. Aber schön, na ja wer es toll findet, mit dem Fahrrad immer an einer gut befahrenen Straße entlang zu fahren, dem gefällt auch diese Strecke. Ich bin völlig fertig, da ich nur Gegenwind und leicht ansteigende Straßen hatte. In einer Eisdiele gönne ich mir ein Bitterlemon und ein Eis und mache eine halbe Stunde Pause.

Fähre in Bleckede über die Elbe

Anschließend geht es weiter zur Elbfähre und rüber ans andere Ufer. Die Überfahrt kostet inkl. Fahrrad € 1,50. Auf der anderen Seite der Elbe geht es die ganze Strecke bis Darchau auf dem Deich weiter. Der schmale Asphaltweg schlängelt sich nun auf der Deichkrone durch die Elbauen. Es ist eine wunderbare Naturlandschaft und ein idealer Ort für Fischreiher, Schwäne, Enten und Störche. Immer wieder halte ich an, um zu filmen oder nur um die Landschaft zu genießen. In Darchau verlasse ich den Deichweg und fahre auf einer nicht endenden Straße nach Neuhaus. Es ist bereits 18.00 Uhr und ich brauche noch ein Zimmer. Die dritte Pension die ich anrufe ist Frau Klose und sie hat noch ein Zimmer frei. Es ist zwar ein Doppelzimmer aber ich bekomme es zum Preis eines Einzelzimmers. Nach dem Preis frage ich nicht, da ich froh bin, dass ich noch ein Zimmer bekommen habe. Es ist das älteste Haus in Neuhaus, erbaut 1662 und von Grund auf renoviert. Außer mir übernachten hier noch ein Ehepaar mit zwei Kindern aus Bremerhaven. Am Abend sitzen wir noch bis 22.30 Uhr draußen und unterhalten uns recht nett. Auch die vier sind in Neetze in die falsche Richtung gefahren. Das beruhigt mich. Diesen ersten Tag bin ich statt der angegebenen 42 km satte 70 km gefahren.

Über das Bezirksamt Neuhaus gibt es eine kleine Geschichte. Ob sie stimmt, kann ich nicht sagen, aber sie wurde mir in Dömitz, meinem nächsten Ziel, erzählt.

 

Vor dem zweiten Weltkrieg gehörte Neuhaus zu Niedersachsen. Während der DDR Zeit ging das natürlich nicht. Somit bestimmte die SED, dass Neuhaus nun zu Mecklenburg-Vorpommern gehört. Nach der Wende wollten die Bewohner von Neuhaus so schnell wie möglich wieder zu Niedersachsen gehören. Es wurde abgestimmt und die Mehrheit war dafür. Die Behörden sahen das wohl auch ein und alles ging ziemlich schnell und Neuhaus gehörte wieder zu Niedersachsen. Als es allerdings an den Wiederaufbau in den neuen Bundesländern ging und somit auch um das liebe Geld, bekamen sie in Neuhaus plötzlich Angst, dass sie kein Geld abbekommen da sie doch nun zu Niedersachsen gehören. Sie bekamen es aber doch und waren sehr erleichtert

Das Haus von Frau Klose


Die zweite Etappe. Mein heutiges Ziel ist Dömitz 40 km.

05.08.2004

Um 9.00 Uhr gibt es Frühstück. Frau Klose hat den Frühstückstisch im Garten gedeckt. Es gibt Kaffee, O-Saft, Brötchen, Wurst, Käse, Marmelade und ein Ei. Den O-Saft stelle ich gleich drei Meter vom Tisch weg auf den rasen, da es nur so von Wespen wimmelt. Überall wuseln sie rum und wir müssen aufpassen, dass wir sie nicht mit den Brötchen aufessen. Von dem Frühstück können wir uns noch ein Luchpaket fertig machen. Nach dem Frühstück packen wir unserer Räder. Als ich Frau Klose frage was ich bezahlen muss, bin ich im ersten Moment erschrocken. Die Übernachtung mit Frühstück kostet € 25,00. Aber wenn ich so darüber nachdenke ist der Preis doch in Ordnung. Wir verabschieden uns voneinander und fahren los. Ich drehe noch eine Runde um die Kirche. Dort ist der Wochenmarkt aufgebaut.

Ehemaliger Wachturm bei Rütergerg

Die Strecke bis nach Stapel ist ätzend. Nur auf der Landstraße lang. Ab Stapel geht es aber wieder Richtung Elbe und ab Vockfy wieder auf der Deichkrone weiter. Der Deich wird hier an vielen Stellen verstärkt und bekommt einen Wirtschaftsweg. Es gibt auf der ganzen Strecke bis Strachau keine Möglichkeit, sich irgendwo einmal in den Schatten zu stellen. In Strachau steht ein einsamer Kiosk, den ich sofort ansteuere. Während ich eine Apfelschorle runterspüle, komme ich mit dem Kioskbesitzer ins Gespräch. Strachau ist ein kleines Künstlerdorf, bestehend aus etwa sieben Häusern. Hier hat während der Sturmflut 2002 das Wasser bis unter die Zimmerdecke im Erdgeschoss gestanden. Der ganze Ort musste evakuiert werden. Nach einer halben Stunde geht’s weiter Richtung Dömitz, meinem heutigen Ziel. In Rüterberg mache ich erneut eine Pause. Dort gibt es einen Aussichtsturm mit Ausblick auf die Elbe und das ehemalige Sperrgebiet. Gleich nebenan steht noch ein Wachturm der zu einer Wohnung umgebaut wurde. Nach 15 Minuten fahre ich weiter und komme auf den schlechtesten Weg der ganzen Tour. Der Weg ist ein alter Kontrollweg der NVA. Hier liegen Betonplatten an Betonplatten. Ca. 2 m breit und 0,5 m lang. Die Platten liegen ca. 5 cm auseinander und in den Platten befinden sich Löcher ca. 5 cm x 10 cm groß. Es gibt keine Möglichkeit, nicht in die Löcher zu fahren. Eine echte Fahrradteststrecke. Aus lauter Verzweiflung fahre ich kurz vor Dömitz auf eine stark befahrene Landstraße. Das ist mir aber zur Zeit lieber als die Teststrecke, auf der ich Angst habe, dass mein Rad auseinander fällt. Von weitem sehe ich schon die Dömitzer Brücke, die 1945 gesprengt und 1992, als neue Brücke für den Autoverkehr und Fahrräder wieder freigegeben wurde. Kurz vor der Brücke biege ich links ab und sehe sofort die große fünfeckige Flachlandfestung von Dömitz, die ich mir am nächsten Tag ansehen werde. Die Sonne auf der Strecke von Neuhaus bis Dömitz hat mich geschafft. Mir ist schlecht und ich habe Kopfschmerzen. Ich habe bestimmt zu wenig getrunken und gegessen. Also ab zum Supermarkt und O-Saft und Obst kaufen! Auf dem Kirchplatz neben einem Brunnen setze ich mich auf eine Mauer. Nach dem Vitaminstoß geht es mir etwas besser und ich mache mich auf die Suche nach einem Zimmer. Vorhin habe ich eine Radlerunterkunft gesehen und laufe dorthin. Leider ist niemand da. Ich warte 10 Minuten und rufe eine Frau Fuhrmann an, die ich auf meiner Liste aus dem Internet habe. Auch sie hat, wie Frau Klose in Neuhaus, nur ein Doppelzimmer frei und ich bekomme auch diese für den Preis eines Einzelzimmers. Es kostet € 17,00 inkl. Frühstück. Als ich ungefähr 50 m von dem Haus entfernt bin, von dem ich annehme, dass es das von Frau Fuhrmann ist, sehe ich eine Frau auf einer Bank vor diesem Haus sitzen. Als sie mich sieht, ruft sie zu mir rüber: „Sind sie Herr Jung?“ Ich gebe mich zu erkennen und sie zeigt mir mein Zimmer. Es ist ganz einfach eingerichtet und das Bad und das WC sind auf dem Flur. Es wird aber nur von mir benutzt. Das andere Zimmer hat ein eigenes Bad. Das Beste an dem Haus ist der Hausschlüssel. Da es erst 15.00 Uhr ist, lege ich mich auf das Sofa im Zimmer und schlafe eine gute Stunde. Das habe ich gebraucht. Nach dieser Stunde geht es mir wieder besser und ich mache einen Streifzug durch Dömitz. Zum Abendbrot esse ich die Brötchen von Neuhaus und gönne mir eine Flasche Bier die ich bei Frau Fuhrmann kaufen kann. Heute bin ich 52 km gefahren, angegeben waren 40 km.

Festung Dömitz


Die dritte Etappe. Mein heutiges Ziel ist Karenz 38 km.

06.08.2004

Da ich auf 9.00 Uhr das Frühstück bestellt habe, stehe ich um 8.40 Uhr auf, wasche mich und gehe rauf in die Wohnung von Frau Fuhrmann. Sie steht in ihrer Küche und ist gerade dabei, den Kaffee für mich zu kochen. Durch ihr Wohnzimmerfenster sehe ich eine Eisenbahnbrücke und frage Frau Fuhrmann, ob das die bekannte Eisenbahnbrücke von Dömitz ist. „ Ja, erbaut 1873, sie hat eine Gesamtlänge von 150 m, besaß 20 Pfeiler, von denen noch 16 stehen. Am 20.04.1945 wurde sie zerstört. 1987 wurde der Teil auf der DDR Seite völlig abgerissen und der Stahl nach Schweden verkauft. Die DDR brauchte Geld.“ Das Frühstück ist super. Brötchen, Wurst, Marmelade, ein Ei und Kaffee. Während ich gemütlich frühstücke, erzählt mir Frau Fuhrmann Geschichten von ihrer Familie, die sie in der DDR erlebt hat. Eine fand ich besonders niedlich. Der Grenzzaun führte direkt an ihrem Haus entlang. Eines Tages rief ihr damals 5 jähriger Sohn: „Mama, komm mal ganz schnell her. Da ist ein Storch aus dem Westen gekommen und frisst Ost-Frösche. Darf der das?" Oder in der Schule, als das Thema mal wieder der Klassenfeind BRD war, fragte der ndere Sohn den Lehrer: „ Wenn das unser Feind ist, warum ist dann der Grenzzaun im oberen Bereich in unsere Richtung abgeknickt und nicht in die andere Richtung?“ Die Frage fand der Lehrer nicht so toll und Frau Fuhrmann musste am nächsten Tag zum Rapport in die Schule kommen. Das Frühstücken zieht sich über zwei Stunden hin. Anschließend gucke ich mir die fünfeckige Festung an. Eine Besichtigung ist ein Muss für jeden, der in Dömitz ist. Gegen 15.00 Uhr bezahle ich mein Zimmer, komme aber erst um 15.30 Uhr weg, weil Frau Fuhrmann wieder anfängt zu erzählen.

Eisenbahnbrücke bei Dömitz

Kurz hinter Dömitz fahre ich zur Binnen-Wanderdüne, ein Überbleibsel der letzten Eiszeit. Sie ist ca. 600m breit, 2 km lang und 45 m hoch. Ich stelle mein Rad ab und laufe im Sand den Weg zum höchsten Punkt der Düne. Ich schwitze wie ein Schwein, aber es lohnt sich. Hier habe ich einen herrlichen Ausblick. Da es heute nur ein kurzes Stück zu fahren ist, lasse ich es langsam angehen. In Alt Kaliß sehe ich eine Gaststätte mit dem schönen Namen „Radlers In“. Schon seit Mittwoch habe ich Hunger auf einen schönen Wurstsalat. Den gibt es aber auch hier nicht. Ich entschließe mich für Brathering mit Bratkartoffeln und Salat für € 4,90. Es schmeckt richtig gut und die Portion ist nicht zu groß und nicht zu klein. Nach dem Essen und drei Cola fahre ich weiter.

Die Klein Schmölener „Wanderdüne“ bei Dömitz ist mit 43 m Höhe und 600 m Breite die größte Binnendüne Europas. Teile dieser Düne sind vegetationsfrei, jeder kräftige Wind verlagert den Sand, aber insgesamt wandern die Dünen nicht mehr.

Es geht auf einem Fahrradweg an der Hauptstrasse entlang, der sehr gut zu befahren ist. Die meiste Zeit durch Kiefernwälder. In Malliß am Bahnhof, der jedoch stillgelegt ist, verfahre ich mich etwas. Ist aber nicht schlimm, da ich wunderschöne kleine alte Bahnhofshäuser sehe, die renoviert wurden und jetzt bewohnt sind. Über Malliß und Conow komme ich nach Karenz. Normalerweise ist mein heutiges Ziel Ludwigslust. Da aber auf der Strecke ein Heuhotel liegt, in dem ich übernachten möchte, endet der Tag hier. Na ja, noch nicht ganz. Ich muss erst mal das Hotel finden. Das geht aber ganz fix. Ein kurzes Telefonat und eine Wegbeschreibung und ich bin am Ziel. Als ich dem Bauern erzähle, dass ich im Heu schlafen möchte, rät er mir davon ab, da es tierisch warm auf dem Heuboden ist. Er gibt mir ein Doppelzimmer für € 15,00, jedoch ohne Frühstück. Das ist mir aber egal. Ich packe die nötigsten Sachen aus, dusche und setze mich noch bis 20.30 Uhr raus und lese. Heute bin ich statt der angegebenen 46 km nur 38 km gefahren

Reiterhof in Karenz, hier ist mein Heuhotel

Die vierte Etappe. Mein heutiges Ziel ist Parchim 79 km.


07.08.2004

Ich stehe um 9.00 Uhr auf, wasche mich, packe meine Sachen und fahre um 9.30 Uhr los in Richtung Ludwigslust. Gestern abend habe ich in einer Karte noch ein Forsthaus entdeckt, dass auf dem Weg liegt. Dort gibt es eine Gaststätte und das Brot wird noch im Lehmofen gebacken. Da werde ich heute Frühstücken. Nach ungefähr 20 Minuten erreiche ich das Forsthaus und freue mich schon auf ein schönes Frühstück. Dabei bleibt es auch. Das Schild neben der Speisekarte verrät mir, dass die Gaststätte erst um 11.00 Uhr aufmacht und jetzt ist es 9.50 Uhr. Da ich nicht so lange warten will, mache ich ein paar Fotos und fahre weiter. Noch ganz in Gedanken an das verpasste Frühstück, fahre ich an einem Wegweiser vorbei, an dem ich rechts abbiegen muss. So mache ich einen Umweg von fast 8 km. Um 11.00 Uhr komme ich in Ludwigslust an und mache an einem Penny Markt Halt. Hier hole ich mir ein Radler (Brause mit Bier gemischt) und esse mein Brötchen, das ich mir bei Frau Fuhrmann geschmiert habe. Ein tolles Frühstück. Nach dem ausgiebigen Frühstück fahre ich weiter und sehe zuerst auf der linken Seite das Schloss. Als ich auch nach rechts schaue, sehe ich eine Art Mausoleum, das sich aber als Stadtkirche (erbaut 1765 bis 1770) herausstellt. Die von außen stark renovierungsbedürftige Kirche ist im Inneren wunderschön. Ein imposantes Gewölbe mit einem 350qm großen Altargemälde und die antike Säulenhalle sind einen Besuch wert.

Stadtkirche

Das Schloss, auch Mecklenburgisches Versailles genannt, ist ebenfalls renovierungsbedürftig. Hier haben die Arbeiten, wie auf dem Foto zu sehen ist, aber schon begonnen. Da der Herzog von Mecklenburg nicht so gut bei Kasse war wie der „Sonnenkönig“, behalf er sich an vielen Stellen mit einem kostengünstigeren Material. Verzierungen, Büsten und Skulpturen sind allesamt aus witterungsbeständigem Pappmaché.

Ludwigslust ist eine weitläufige Stadt, dass heißt, es gibt große Straßen und Plätze. Mir gefällt es nicht so recht aber das ist Ansichtssache. In der Nähe des Schlosses esse ich einen Salat und fahre weiter in Richtung Neustadt Glewe. Um 14.00 Uhr komme ich in Neustadt Glewe an. Da ich kaum noch etwas zu trinken habe, suche ich einen Supermarkt. Fast übersehe ich einen Aldi. Ich fahre darauf zu und bemerke, dass er bereits geschlossen hat. Bei uns hat der Aldi bis 16.00 Uhr auf. Ein Typ sagt mir, dass es weiter unten noch einen Penny und Lidl gibt. Ich fahre weiter und sehe nur einen geschlossenen EDKA. Auch der Norma Markt ein paar Straßen weiter hat bereits Wochenende. Ich fahre die Hauptstraße, die durch Neustadt Glewe führt, weiter. Von weitem sehe ich ein Schild, dass so aussieht, wie das von einem Penny Markt. Hoffentlich ist es einer und wenn ja, hoffentlich hat er auch auf. Dieses Mal habe ich Glück. Ich kaufe ein Sechserpack kleine O-Saftflaschen, eine Flasche Wasser und eine Dose Cappuccino. Als ich die Dose öffne, reißt mir die Öse ab. Mist. Ich hole meine Schweizer Taschenmesser Imitation raus und steche auf den Punkt, an dem die Dose aufgeht. Das klappt wunderbar, nur habe ich einen Teil des Cappuccinos auf meiner Hand. Egal. Hauptsache die Dose ist auf. Nach einem Vitaminstoß (O-Saft) und etwas Wasser, verstaue ich den Rest in die Packtaschen und schaue mir die Stadt an. Ganz besonders schön soll die alte Wehranlage sein. Ich mache mich auf den Weg und von außen sieht sie super aus. Als ich durch das große Tor gehe, bin ich geschockt. Der ganze rechte Teil der Anlage ist eingestürzt und an den noch gut erhaltenen Teil wurde ein riesiger Glaskasten gebaut. Hier hat der Denkmalschutz voll in die Schei... gegriffen. Ich mache, dass ich den Hof verlasse. Es ist unfassbar, wie so eine Wehranlage verschandelt werden kann. Es läst sich ganz schlecht fotografieren und auch im Internet habe ich kein Foto vom Innenhof der Burg gefunden.

Weiter geht es durch Wälder, Wiesen und Felder am Eldekanal und einigen Teichen vorbei. Als ich wieder mal den Eldekanal überfahre, sitzen auf der Brücke zwei Tauben. Sie lassen mich bis auf 10 cm ran, aber anfassen ist nicht. Ich fahre weiter und sehe vor mir eine Kutsche mit vier Pferden davor (Dahinter wäre auch etwas doof). In der Kutsche, es ist eine Säuferkutsche mit einem Tisch in der Mitte und darin Löcher für Gläser und Flaschen, sitzen ein paar Frauen und Männer und lupfen sich einen. Nach kurzer Zeit bin ich direkt dahinter und rufe hoch: “ Endlich etwas zu trinken!“ Die Bemerkung wird von den Typen völlig ignoriert. Sie fragen nur, wo ich her komme und wo ich hin will. Nach 5 Minuten fährt die Kutsche rechts ran und ich fahre wortlos vorbei. Kurz vor Parchim sehe ich ein Schild mit der Aufschrift „Sportschule Parchim, EZ mit TV frei“ daneben steht auch die Handynummer. Ich überlege kurz, ob ich anrufe, entscheide mich aber gleich hin zu fahren. Als ich an der Sportschule ankomme, ist leider niemand da. Ich fahre zum Schild, das an der Einfahrt zur Sportschule steht und rufe die Handynummer an. Dort erfahre ich, dass sie kein Zimmer mehr frei haben. Macht ja nichts, denke ich, ich habe ja noch meine Internetliste. Von fünf Pensionen, die preislich in Frage kommen, haben vier kein Zimmer mehr frei und der fünfte meldet sich nicht. Ich fahre langsam ins Zentrum nach Parchim und schaue ganz genau, ob an irgendeinem Haus ein Schild „Zimmer frei“ steht. Da plötzlich sehe ich eins. Daneben hängt aber ein zweites Schild: „Vorsicht bissiger Hund“. Ich beschließe hier nur zu klingeln, wenn ich kein anderes Zimmer bekomme. Nach einer Stunde stehe ich wieder vor dem Haus und drücke auf die Klingel. In Erwartung eines großen zähnefletschenden Hundes, stehe ich vor dem Tor, als ein kleiner niedlicher Rauhaardackel schwanzwedelnd um die Ecke kommt und dahinter eine ältere Frau. „Nein“, sagt sie, „ sonst haben wir immer ein Zimmer frei, aber die Nachbarn haben eine Taufe und die Gäste schlafen bei mir. Wenn sie aber gar nichts finden, dann kommen sie wieder und wir stecken sie irgendwo dazwischen.“ Ich bedanke mich und fahre weiter. Nun rufe ich von den teuren Pensionen den billigsten an. Es ist die Pension am Brunnen. Das Zimmer soll € 25,00 inkl. Frühstück kosten. Hoffentlich haben die noch ein Zimmer frei. Ich habe Glück, sie haben noch eins. Wieder ein Doppelzimmer für den Preis eines Einzelzimmers. Das Haus ist aber auf der ganz anderen Seite von Parchim. Nach ein- bis zweimal fragen finde ich es. Da ich nur eine Nacht bleibe, muss ich € 4,00 Aufpreis zahlen. Das stinkt mir zwar, aber noch weiter nach einem Zimmer suchen will ich auch nicht. Hier esse ich noch ein Schnitzel mit Bratkartoffeln und trinke ein Bier. Das ganze an einem Steg an der Müritz-Elde-Wasserstraße. Es ist richtig gemütlich hier. Heute bin ich 79 km gefahren.

Die fünfte Etappe. Mein heutiges Ziel ist Plau am See 36km

08.08.2004
Wie fast jeden Morgen frühstücke ich um 9.00 Uhr. Nebenbei unterhalte ich mich ganz nett mit der Wirtin und erzähle ihr, dass ich heute nur bis Plau fahre. „Haben sie schon ein Zimmer?“ fragt sie. „Nein“, antworte ich, „ ich habe vor in der Jugendherberge zu übernachten.“ „Mein Sohn wohnt in Plau und hat ein Zimmer, dass kostet nur € 18,00 inkl. Frühstück. Ich rufe mal an und frage ob es frei ist,“ schlägt sie mir vor. Ich habe mal wieder Glück. Das Zimmer ist frei und ich fahre ohne Druck Richtung Plau am See. Eine Zwischenstation in Lübz ist Pflicht. Nicht nur wegen der Brauerei. Lübz hat ein wunderschönes kleines Stadtmuseum, das zum Teil im dem Turm untergebracht ist, der auf jedem Etikett einer Lübzer Bierflasche ist. Der Eintritt kostet € 3,00 und da ich der einzige Besucher bin, bekomme ich eine Einzelführung.

 

 

 

 

 

 

Das Wahrzeichen von Lübz ist der Turm. Bekannter ist das Städtchen allerdings durch sein Bier geworden. In der Werbung wird er mit Bier gefüllt


Schleuse Lübz und die davor liegende gehobene Spindelhubbrücke

Auf meiner Karte entdecke ich eine Ziegelei, die als technisches Denkmal erhalten wird. Es ist zwar 2 km von meiner Route weg, aber egal. Die Ziegelei ist, wie das Museum in Lübz, ein Muss auf dieser Tour und sonntags ist der Besuch der Ziegelei kostenlos. Auch hier bin ich der einzige Besucher und bekomme eine Einzelführung. Alle Maschinen, die noch oder wieder funktionieren, werden angeschmissen. Es ist beeindruckend. Mit vielen Eindrücken fahre ich weiter nach Plau am See. Das Erste, das mir in Plau ins Auge fällt, ist eine Dönerbude. Sofort halte ich dort an und esse einen guten Döner. Frisch gestärkt mache ich mich auf die Suche der Gartenstraße 16. Nach einer guten ¾ Stunde finde ich sie. Als ich das Zimmer sehe, denke ich,“ Na ja es ist ja nur für eine Nacht“. Ich dusche, bestelle mein Frühstück auf 9.00 Uhr und gehe noch etwas in Plau spazieren. Es ist ein wunderschöner, warmer, windiger Sommerabend und es sind noch einige Segelbote auf dem See. In einem Biergarten gönne ich mir ein großes Radler und genieße den Abend.


Die Hubbrücke wurde 1916/17 erbaut und ist mit 1,67 m die höchste Hubbrücke Mecklenburgs




Plau hat nicht nur einen reizvollen See zu bieten, sondern auch ein malerische Stadtbild; mit seiner dichten Begrünung wirkt sogar das Rathaus anheimelnd. Die Bootshäuser beherbergen alles, was man für einen Kurzurlaub braucht. In meinem Zimmer lese ich noch ungefähr 3 Stunden. Es ist zu warm zum Schlafen. Normalerweise ist hier Tourschluss. Da ich aber erst 6 Tage unterwegs bin und noch bis zum 14.08.2004 Zeit habe für die Rückfahrt (Wochenendticket), beschließe ich, weiter zu fahren. Wie weit, das weiß ich noch nicht. Heute waren es 52 km.

Die sechste Etappe. Mein heutiges Ziel ist Waren 82 km


09.08.2004

Es ist 9.00 Uhr, als ich zum Frühstücken gehe. Der Vermieter fragt, ob er mit frühstücken darf. Na ja, denke ich, warum nicht. Wir haben uns ganz nett unterhalten und um 10.00 Uhr bin ich Richtung Röbel aufgebrochen. Zwei Straßen weiter sehe ich ein Schild mit der Aufschrift „Pension Jung“. Hätte ich das gestern schon gesehen, hätte ich da nach einem Zimmer gefragt. Beim Penny fülle ich noch meinen Getränkevorrat auf und dann geht’s wieder los. Es geht immer am See lang. Es ist wunderschön und an einem Strand halte ich an. Da die Sonne schon ganz schön vom Himmel brennt, überlege ich, ob ich vielleicht schwimmen gehe. Das Wasser sieht so wunderbar erfrischend aus. Ich halte meine Hand rein und merke, dass es sehr erfrischend ist. Nach meiner Schätzung ist es nicht wärmer als 18 –19 °C. Zu kalt für mich. Da nehme ich lieber meine Bildzeitung, setze mich auf eine Bank und schaue nach, was es Neues in der Welt gibt. Nach der Pause geht es auf unbefestigten Wegen durch Wälder und Felder weiter. Als ich über eine Kuppe komme, ich muss das Rad schieben da der Weg nur aus Sand besteht, sehe ich schon einen großen Teich mit einigen Gänsen und Enten darauf. Am Teich angekommen, muss ich einfach anhalten. Das Schnattern der Enten und der Lärm der Gänse macht diesen Ort zu einem einzigartigen Naturspektakel. Das Starten und Landen der Gänse ist ein tolles Schauspiel. Nach ungefähr 15 Minuten fahre ich weiter. Ich freue mich schon, weil ich wieder auf einer richtigen Straße fahren kann. Die Freude wärt aber nicht lange und schon geht es wieder auf Sand- und Waldwegen weiter. Es ist zwar anstrengend, aber noch nervt es nicht. Endlich komme ich in Röbel an. Das Erste, was ich sehe, sind eine ganze Menge ausrangierter Dampfloks. Ich hoffe, sie stehen da, um irgendwann wieder auf den Schienen zu fahren und nicht, um hier zu verrotten. Ich beschließe, erst mal einzukaufen, damit ich in meinem Zimmer, das ich noch nicht habe, Abendbrot essen kann. Als ich am I-Punkt nach einem Zimmer frage, bekomme ich nicht die Antwort, die ich erwarte. „Nein, es gibt kein einziges freies Zimmer mehr in Röbel. Eventuell noch ein Privatzimmer. Fahren sie einfach mal durch Röbel und schauen Sie, ob Sie irgendwo ein Schild „Zimmer frei“ sehen. Ich glaube aber, da werden Sie nicht viel Glück haben.“ Na toll. Frustriert gehe ich wieder zu meinem Rad und überlege kurz, was ich mache. Wenn ich hier 2 Stunden durch den Ort fahre und kein Zimmer finde, muss ich sowieso weiter bis nach Waren radeln. Dann kann ich auch gleich dahin fahren, sage ich zu mir und schwinge mich wieder aufs Rad. In Zirzow sehe ich ein Schild „Zimmer zu vermieten“. Darunter steht eine Telefonnummer, die ich sofort anrufe. Als ich die nette Dame am anderen Ende frage, ob sie ein Zimmer für eine Nacht frei habe, sagt sie ganz stolz: „Ja, aber es kostet € 45,00 die Nacht.“ Ich lehne dankend ab und fahre weiter. Auch in Sizow und Klink gibt es keine freien Zimmer. Noch nicht einmal ein Stall oder Heuschober steht hier rum. Da kann ich ja auch schlafen, denke ich. Den Schlafsack habe ich ja dabei. Als ich in Waren ankomme fahre ich wieder zum I-Punkt. Auch hier höre ich nur. „Nein, leider haben wir hier in Waren kein Zimmer mehr frei. Ich kann aber mal in der Fledermaus anrufen, eventuell haben sie da noch eins.“ Diesmal habe ich Glück. Dort gibt es noch ein Einzelzimmer für € 30,00 die Nacht. Inkl. Frühstück. Dusche und WC ist zwar auf dem Gang, aber das ist mir egal. Die nette Dame erklärt mir den Weg und ab geht’s. Die Fledermaus liegt im Müritz Nationalpark mitten im Wald. Als ich ankomme, bin ich schon begeistert. Es sieht aus wie eine Jugendherberge, ist aber keine und war auch nie eine. Ganz im Gegenteil, es war zur DDR Zeit ein Stasi- Erholungsheim. Das Zimmer ist einfach aber gut. Ich gehe erst mal den Staub abwaschen und anschließend esse ich etwas auf dem Zimmer. Weil vor der „Herberge“ Tische und Bänke stehe, setze ich mich raus. Normalerweise will ich ja lesen. Da komme ich aber nicht zu. Neben mir sitzen zwei nette Männer aus Kempten und studieren eine Radkarte. Die beiden sind von Berlin los und wollen noch hoch bis Schleswig Holstein. Es fängt so langsam an zu dämmern und nicht nur die Mücken kommen. Immer wieder fliegen Fledermäuse über unseren Köpfen weg. Es ist ein wunderbarer Abend. Gegen 21.30 Uhr verziehe ich mich auf mein Zimmer. Heute bin ich 82 km gefahren.

Pension zur Fledermaus

Die siebte Etappe. Mein heutiges Ziel ist Groß Quassow 85 km


10.08.2004
Als ich gegen 6.30 Uhr aufwache, weil ich etwas trinken muss, höre ich schon die ersten Radler im Haus. „Das sind die ganz Harten“, denke ich nur und drehe mich wieder um. Frühstück gibt es in der Zeit von 7.30 Uhr bis 9.30 Uhr. Ich stehe um 8.45 Uhr auf und gehe runter in den Frühstücksraum. Wieder bin ich überrascht. Hier steht ein kleines Frühstücksbuffet mit allem drauf was man zum Frühstück braucht: Brot, Brötchen, Wurst, Käse, Marmelade, Müsli usw. Nach dem Frühstück, das ich genieße, packe ich meine Sachen, bezahle und fahre wieder nach Waren. Mein Rad sieht aus wie Sau. Überall Staub. Ich gucke mir Waren an, auch von oben. Der Blick von der Michaeliskirche, der Eintritt kostet € 1,00, ist super. Auf dem Rückweg durch den Glockenturm sehe ich neben den Glocken ein Schild. “Achtung, alle 15 Minuten schlagen die Glocken“. Soweit lasse ich es nicht kommen und gehe wieder runter. Am Hafen schreibe ich noch ein paar Postkarten und dann geht’s weiter Richtung Mirow.


Ich bin gerade an der Einmündung zur Fledermaus vorbei, da merke ich, dass ich noch meine Zimmerschlüssel in der Hosentasche habe. Ich überlege, hinbringen oder als Andenken behalten, entschließe mich aber zum hinbringen, da sie ja meine Adresse haben. Anschließen führt mich der Weg durch den Nationalpark. Die Landschaft ist einzigartig schön. Die Wege einzigartig beschissen. Ich komme mir vor, wie auf der Eisenbahn. Hier wurden 80cm lange Betonplatte in einem Abstand von ca. 2-3cm in den Boden gelegt. Es macht immer bumm bumm bumm bumm, und es schüttelt mich und das Rad immer wieder durch. An zwei Aussichtstürmen halte ich an. Wie es hier aussieht, kann ich gar nicht richtig beschreiben. Man muss es gesehen haben. Überall hohes Gras und dazwischen abgestorbene Birken. Auf einer Infotafel lese ich, warum. Diese Gegend war früher ein See. Nachdem er trockengelegt wurde, wuchsen hier die Birken. Später, als alles wieder bewässert wurde, und eine Art Sumpflandschaft entstand, wurde es zu feucht für die Birken und sie starben ab. Die kahlen Stämme jedoch blieben stehen. Nach dem Ort Beeke(????) verlasse ich den Nationalpark. Die Wege werden immer schlechter. Um 16.00 Uhr komme ich in Mirow an und fahre auch hier gleich mal zum I-Punkt. Wie nicht anders zu erwarten, gibt es auch hier kein freies Zimmer. So langsam fängt es an, mir zu stinken. Auch hier ist die Dame sehr nett und telefoniert für mich rum. Endlich wird sie fündig. In Groß Quasow gibt es noch ein freies Zimmer. Der Haken ist nur, ich muss noch ungefähr 35 km fahren. Das ist kurz vor Neustrelitz. Ich melde mich für 18.00 Uhr dort an und gehe erst mal einen schönen Salat essen. Auf dem weiteren Weg komme ich mir vor, wie in den Alpen. Berauf, bergab. Die Wege werden immer schmaler und sandiger. Teilweise rutsche ich unkontrolliert von einer Seite zur anderen. Dann fahre ich mal über Wurzeln, Schotter und immer wieder Sand. Es ist saumäßig anstrengend. Auch die Straßen sind unmöglich. Echte DDR-Straßen. Es ist bereits 18.00 Uhr und ich bin immer noch 10 km vor Groß Quasow. Ich melde mich kurz im Gasthof, er heißt "Zum Storchen" , und sage bescheid, dass ich noch ca. 1 Stunde brauche. Um 19.00 Uhr bin ich dann auch endlich da. Bevor mir der Wirt das Zimmer zeigt, bestelle ich ein großes Alster und kippe es in 3 Minuten hinunter. Das Zimmer ist ein Doppelzimmer mit allem was man so braucht. Auch ein TV Gerät. Ich dusche und setze mich dann noch vor das Haus zu einigen anderen Gästen. Ein kurzer Blick in die Speisekarte sagt mir, dass es hier wunderbare Dinge zu essen gibt. Ich bestelle eine Folienkartoffel mit Quark. Anschließend schreibe ich noch ins Tourenheft. Schon auf der Fahrt hierher denke ich über den Abbruch der Tour nach. Es hat keinen Zweck, wenn ich in jeder Ortschaft zu hören bekomme das es keine freien Zimmer gibt oder sie so teuer sind, dass ich es mir nicht leisten kann und will. Ich beschließe eine Nacht darüber zu schlafen und in Neustrelitz am Bahnhof nach einem Zug nach Stadthagen zu fragen. Heute bin ich 85 km gefahren.

Die achte und letzte Etappe. Mein heutiges Ziel ist Neustrelitz 17,5 km

11.08.2004

Um 9.00 Uhr gehe ich zum Frühstück. Auch hier gibt es ein Buffet. Um 9.45 Uhr mache ich mich ganz gemütlich auf den Weg nach Neustrelitz. Die ganze Stadt ist eine Baustelle und so fahre ich gleich zum Bahnhof. Es ist 10.45 Uhr und ich frage am Schalter nach dem nächsten Zug nach Stadthagen. „Der fährt in 3 Minuten und kostet inkl. Rad € 48,00“, sagt mir der Mann am Schalter. Ohne groß zu überlegen, kaufe ich die Fahrkarte. Über Berlin Ostbahnhof, Magdeburg, Braunschweig und Hannover komme ich um 18.37 Uhr in Stadthagen an. Es ist schade, dass die Tour so abrupt endet aber auch das Wetter soll in den nächsten Tagen schlechter werden. Heute sind es nur schlappe 17,5 km, die ich mit dem Rad fahre. Ich werde den zweiten Teil der Tour aber irgendwann noch nachholen.